Tag 6:
Die Preise sind vergeben. Und es darf gestaunt werden. Zeigte die Mehrzahl der Beiträge im Wettbewerb „Langer Spielfilm“ einen Trend zu Ruhe, Langsamkeit und Sensibilität auf (und setzte damit den Vorjahrestrend fort), baute die Jury aufs Knallige. Ihre Hauptpreise gingen an Filme, die „mit dem Speck nach der Wurstseite werfen“, die kraftvoll sind, ja, mitreißend, aber doch auch kalkuliert aufs Klappern setzen. Besonders seltsam: die Auszeichnung der „Ach, Gott, was sind wir im Filmbusiness alle wichtig“-Show „Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste“ mit der in diesem Jahr erstmals vergebenen Auszeichnung „für den gesellschaftlich relevanten Film“. Ja, klar, das Hick-Hack, das die Filmindustrie laut Selbstaussage dominiert, findet sich allüberall. Allerdings: derart viele Nabelschau-Neurosen, wie dort, die gibt’s wohl doch nicht so oft und derart stark in anderen Branchen.
Da freut’s dann besonders, dass die Publikumsjury auf Gehalt achtete – und dabei die Attraktivität für eine potentiell große Zuschauergemeinde nicht außer Acht ließ. Bravo! Bravo auch für die Drehbuchpreis-Jury. Fein dazu die Ehrung, die von der Interfilm-Jury vergeben wurde. – Schelte für die Hauptjury? Ein bisschen nur. Auf einem Festival, dass dem Nachdenklichen in erster Linie die Stange hielt, ist es schon seltsam, wenn die Juroren aufs Grelle und Oberflächliche setzen. Aber, egal: Natürlich sind auch die ausgezeichneten Filme Talentbeweise, gehören die Macher gefördert. Hoffen wir, dass die Auszeichnungen der Beförderung dienen.
Einige Filme dieses Ophüls-Jahrgangs kommen bald in die Kinos. Da nun die wichtigste Hoffnung: Sie mögen ein breites Publikum finden!
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Die Preise des 35. Filmfestivals Max Ophüls Preis
MAX OPHÜLS PREIS 2014: LOVE STEAKS; Regie: Jakob Lass (Deutschland 2013)
Der Preis der Saarländischen Ministerpräsidentin: FAMILIENFIEBER; Regie: Nico Sommer (Deutschland 2014)
Der Preis für den gesellschaftlich relevanten Film: MÄNNER ZEIGEN FILME & FRAUEN IHRE BRÜSTE; Regie: Isabell Šuba (Deutschland, Frankreich 2013)
Der Fritz-Raff-Drehbuchpreis: SITTING NEXT TO ZOE; Buch: Stefanie Veith, Ivana Lalović; Regie: Ivana Lalović (Schweiz 2013)
Der Publikumspreis Abendfüllender Spielfilm: HIGH PERFORMANCE; Regie: Johanna Moder (Österreich 2013)
Der Preis der Jugendjury: MÄNNER ZEIGEN FILME & FRAUEN IHRE BRÜSTE; Regie: Isabell Šuba (Deutschland, Frankreich 2013)
Der Interfilm-Preis: SEME – SCHLAGE NICHT UM ZU GEWINNEN. GEWINNE, DANN SCHLAGE; Regie: Il Kang (Deutschland 2013)
Der Preis für die Beste Nachwuchsdarstellerin: LIV LISA FRIES für den Film UND MORGEN MITTAG BIN ICH TOT; Regie: Frederik Steiner (Deutschland, Schweiz 2013)
Der Preis für den Besten Nachwuchsdarsteller: VINCENT KRÜGER für den Film SUNNY; Regie: Barbara Ott (Deutschland 2013)
Der Publikumspreis für den Mittellangen Film: BESUCH IM WALD; Regie: David & Elena Gruschka (Deutschland 2013)
Tag 5:
Im Wettbewerb waren heute keine wesentlichen Entdeckungen auszumachen. Also ab in eine der anderen Festival-Reihen. D i e Entdeckung im Rahmen der „Saarbrücker Premieren“: „Rosie“ von Regisseur und Drehbuchmitautor Marcel Gisler. 1992 hatte er den Filmpreis des Saarländischen Ministerpräsidenten für „Die blaue Stunde“ bekommen. Seitdem hat der überwiegend in Berlin lebende Schweizer eine runde Karriere als Autor (oft fürs Fernsehen) und Regisseur (fürs Kino) hingelegt.
„Rosie“ ist offenkundig ein sehr persönlicher, autobiographisch geprägter Spielfilm. Die Titelfigur, gespielt von Sibylle Brunner, ist eine betagte Dame. Sie lebt allein in einem Haus in einem schweizer Dorf. Nach einem Sturz in Folge eines Schlaganfalls kommt ihr Sohn Lorenz (Fabian Krüger), erfolgreicher Schriftsteller in Berlin, ins Haus der Mutter. Nun hat Lorenz nicht nur seine Mutter „an der Backe“, sondern dazu auch seine Schwester (Judith Hofmann) und den Jugendlichen Mario (Sebastian Ledesma), der sich in ihn verliebt. Das Kaleidoskop an kleinen Geschichten ergibt eine große Geschichte über Gefahr und den Nutzen von Lebenslügen.
Link zum Interview auf art-tv.ch
Gisler hat mit seinem Ko-Autor Rudolf Nadler ein in Sprache und Rhythmus ausgewogenes Drehbuch entwickelt, dass er in eine sensible Inszenierung übertragen hat. Die von ihm fein geführten Schauspieler entwerfen satte und farbenreiche Charakterbilder. Die Geschichte ist rührend aber nie rührselig – und nutzt die Bilderbögen voller verschiedener Schicksale, um ein Bild der gegenwärtigen Gesellschaft zwischen Spießertum und Snobismus zu zeichnen, das scharf auf die Schattenseiten aller Angepasstheit verweist. Sehr spannend, sehr anrührend. Der Film startet am 27. März deutschlandweit in den Kinos.
Die nächtliche Tagesabschlussparty wurde von Gerüchten geprägt. Manche meinen, ganz genau zu wissen, welche Filme welche Preise bekommen. Dabei waren einige der Sitzungen der verschiedenen Jurys selbst nach Mitternacht noch nicht zu ende. Es kann also noch niemand wirklich wissen, was Sache ist. Aber derlei Spielereien runden ein Festival, wie dieses, das im besten Sinne stimmungsreich ist, erst richtig ab.
Tag 4:
Manchmal gibt es auf einem Filmfestival eine Sternstunde, einen Film, der alle begeistert, der die Festival-Gemeinde im Sturm erobert. In Saarbrücken ist das in diesem Jahr der österreichische Spielfilm „High Performance“. Regisseurin und Autorin Johann Moder gibt mit dieser tiefgründigen Komödie einen rasanten Kommentar zur derzeitigen Weltwirtschaftskrise, spiegelt raffiniert, wie die Jagd nach Geld Menschen zu Tieren werden lässt.
Die Sozialkritik kommt überaus komisch daher. Zwei Brüder stehen im Mittelpunkt, ein knallharter Geschäftsmann und ein Schauspieler, die sich ähnlicher sind als sie es selbst wohl ahnen. Rudi (Manuel Rubey), der Businessman, und Daniel (Marcel Mohab), der Bohèmian, leben in getrennten Welten – und landen am Ende doch da, wo schon die meisten sind: in der Hatz aufs dicke Geld.
Dialogwitz und Situationskomik sind fein austariert, die Gesellschaftskritik klug in scharfen Gags verpackt, die Charaktere vielfarbig. Der Rhythmus der Erzählung ist perfekt. Die Tragik ist als Untergrund stets spürbar, drängt jedoch nie nach vorn. Exzellente Schauspielführung begeistert. Man lacht und lacht – und denkt dabei über den Zustand der sogenannten westlichen Welt nach. Ganz nebenbei wird auch in verschiedenen Schlaglichtern der Wert der Liebe für das Leben des/der Einzelnen schlaglichtartig beleuchtet. Hier vibriert nicht allein das Zwerchfell, wird nicht nur das Gehirn angekurbelt, hier darf auch das Herz rasen. Wunderbar!
Die Schauspieler schweben geradezu durch das Geschehen. Nie wird zu sehr „auf die Tube gedrückt“. Inszenierung und Kameraführung (!) sorgen dafür, dass die Charaktere glaubwürdig sind, Ecken und Kanten haben, dem Publikum zum Greifen nahe kommen. Von den bisher gesehenen zwölf der 16 Beiträge des Langfilm-Wettbewerbs ist dies bisher der absolute Höhepunkt. Der Gewinnerfilm? Es wäre wünschenswert!
Die Schweiz punktete mit „Sitting next to Zoe“. Regisseurin (und Drehbuchmitautorin) Ivana Lalovic beleuchtet eine Teenagerfreundschaft. Zoe (Runa Greiner) und Asal (Lea Bloch) wollen nichts als Vergnügen – und haben nur Ärger. Der resultiert aus der Unsicherheit, was die Zukunft bringen soll, und aus ersten Liebeserfahrungen. Sanft im Ton, leise in der Komik, schnell im Erzählen nimmt der Film auch ältere Zuschauer mit in den Irrwitz der Pubertät. Die zwei jugendlichen Hauptdarstellerinnen packen einen mit Charme und Wahrhaftigkeit. Die Story ist ausgesprochen klug, ohne dass sie je konstruiert anmutet. Viele meinen, der Film habe den Preis für das beste Drehbuch verdient.
Deutschland hat verärgert – mit „Totale Stille“, einem Film der HFF Konrad Wolf. Gespickt mit zynischen Dialogen und Abziehbildern von routinierten Action-Reißern wird von einem Amoklauf in einer Uni erzählt. Regisseurin Zarah Ziadi und Autor Jens Becker haben es nicht geschafft, schwarze Komik und düstere Tragik spannungsreich miteinander zu verbinden. Storyaufbau und viele Szenen wirken aufgesetzt. Das Finale ertrinkt in einer schlichtweg dümmlichen Blut- und Rachephantasie. Scheußlich. Immerhin: die Regisseurin empfiehlt sich mit ihrer Lust an billigem Nervenkitzel für Serienfutter im Privatfernsehen. Zarah Ziadi dürfte gute Chance haben, sich zu gut zu verkaufen.
Tag 3:
Allein im Wettbewerb der langen Spielfilme ist in diesem Jahr eine auf den ersten Blick überraschende Themenvielfalt auszumachen. Das Angebot reicht vom Horrorspektakel über den Politthriller bis zum Seelendrama. Beim zweiten Blick wird deutlich, dass es jedoch ein Generalthema gibt: die Selbstbehauptung des Einzelnen in einer als feindlich empfundenen Umwelt.
„Viktoria – A Story of Grace and Greed“ von Regisseur (und Drehbuchmitautor) Men Lareida spiegelt das Thema anhand der Geschichte einer jungen Ungarin, die nach Zürich geht, um dort durch Prostitution ganz schnell an das ganz große Geld zu kommen. Natürlich landet sie in der Hölle, natürlich interessiert vor allem, ob sie sich aus dem Dreck selbst herausmanövrieren kann. Der Film wirkt durch eine glanzvolle Hauptdarstellerin (Franciska Farkas), die clever gebaute Story und, insbesondere, die lakonische Erzählhaltung. Nichts da mit Kitsch, auch Sensationshascherei bleibt außen vor.
Kleines Manko – auch hier, wie in so vielen Filmen – ist der unkluge Musikeinsatz. Zu oft wabert’s viel zu laut und unmotiviert. Was hier aber nicht zu sehr ins Gewicht fällt und die Stärken des Films nicht beeinträchtigt.
Starke Unterhaltung: „Poka“ von Anna Hoffmann (Regie und Drehbuchmitarbeit). Die in Kasachstan geborene Künstlerin reflektiert eigenes Erleben. Sie erzählt von den Schwierigkeiten Russlanddeutscher, die nach dem Fall der Mauer gen Westen, nach Deutschland, ziehen. Zugespitzt wird das bei ihr dadurch, dass sie damit eine Lovestory verbindet, eine Liebesgeschichte zwischen einem Russlanddeutschen und einer Russin, die noch dazu aus einer streng an den Kommunismus glaubenden Funktionärsfamilie kommt. Vielsagende Bilder, die den Schauspielern schöne Räume bieten, um das Innere der Figuren nach Außen zu holen, prägen den Film. Die Atmosphäre ist von schöner Leichtigkeit geprägt. Kalauer bleiben aus. Die Romantik kippt nicht ins Sentimentale. Ein enormer Publikumserfolg.
Der für viele schönste Film des Tages ist weniger gefällig, gar spröde, aber angenehm tief: „Seme – Schlage nicht, um zu gewinnen. Gewinne, dann schlage“. Il Kang, verantwortlich für Regie, Drehbuch, Schnitt und Produktion, erzählt vom Leben eines jungen Koreaners in Hamburg. Der junge Mann übt die Kampfsportart Kendo geradezu besessen aus. Mit dem Holzschwert in der Hand ist er selbstbewusst und geschickt. Er träumt von den ganz großen Turniererfolgen. Ansonsten aber kommt er kaum klar. Seit dem Tod der Mutter muss er dem Vater in der kleinen Gaststätte als Hilfskoch und Mädchen für alles zur Seite stehen. Was ihn verbittern lässt. Doch langsam begreift er, dass die Realität wichtiger ist als seine Träume.
Leise geht’s zu, es wird langsam erzählt. Der Film lässt sich Zeit. Wunderbar der Umgang mit Sprache: der Vater etwa redet ausschließlich Koreanisch. Das ist nicht untertitelt. Aber jeder versteht, um was es geht. Klug auch die Konzentration auf den jungen Taejon (Shinta Kato). Man hat Zeit ihn kennenzulernen, kommt ihm, obwohl die Kamera meist auf Distanz bleibt, sehr nah. Ein Arthouse-Film im besten Sinn.
Tag 2:
Ehrengast des Festivals: Corinna Harfouch. Locker und leichtfüßig hat sie den Tag geprägt, gab Interviews, stellte sich noch nachts im Festival-Club „Garage“ den neugierigen Fragen der Fans. Bildschön. Allgemein ist das Staunen groß, dass sie demnächst ihren 60. Geburtstag feiern kann. Wichtiger: die Filme. Als Ehrengast des Festivals konnte sie sechs Produktionen auswählen, die ihr selbst besonders wichtig sind. In kurzen Talks hat sie launig und auch hintergründig erzählt, warum sie diesen und jenen Film, etwa „Treffen in Travers“, vorgestellt hat. Corinna Harfouch, zweifellos einer der wenigen Schauspiel-Stars von Rang in Deutschland, hat das Festival-Publikum mit warmherziger Bodenständigkeit erobert.
Die heute gezeigten Beiträge im Wettbewerb der langen abendfüllenden Spielfilme haben nicht alle Erfolg gehabt. „Blutgletscher“ etwa, ein Horrorfilm von Regisseur (und Drehbuchmitautor) Marvin Kren aus Österreich kam allenfalls als Kuriosität an. Die handwerklich durchaus solide Story um die Rache der Natur am menschlichen Frevel ihr gegenüber ist allerdings auch von Herzen albern. Schwamm drüber.
Großen Beifall gab’s für „Und morgen Mittag bin ich tot“ des Regisseurs Frederik Steiner. Das Thema ist hart: eine junge Frau, gerade mal Anfang 20, will aus dem Leben scheiden. Sie leidet an Mukoviszidose und hält das nicht mehr aus. Mutter, Schwester, Großmutter und ein Ex-Liebhaber werden überraschend damit konfrontiert, dass sie sich in Zürich von einer Organisation beim Suizid unterstützen lässt und nicht von ihrem Vorhaben abzubringen ist. – Strenge Bildgestaltung und lakonisches Schauspiel sind prägend. Sie vermeiden weitestgehend jede drohende Sentimentalität. Leider, leider: der Musikeinsatz wirkt dem zu oft voller Schmalz und Rührseligkeit entgegen, auch manches Draufhalten auf Tränen ist zu viel. Statt, dass ich als Zuschauer gerührt sein darf, soll ich mit zu vordergründigen Mitteln gerührt werden. Trotzdem: starkes Kino. Der Film hat das Zeug dazu, die gesellschaftlich notwendige Diskussion zum Thema anzuheizen. Das ist nicht wenig! Über diesen Film dürfte die Jury garantiert heftig diskutieren.
Zu einem Festival gehört, dass auch Ärgerliches läuft. Heut war’s „Der blinde Fleck“ von Autor, Produzent und Regisseur Daniel Harrich. Der Film ist sehr, sehr gut gemeint. Doch leider nicht gut genug gemacht. Auch hier: ein wichtiges Thema. Es geht um die (bundes)deutsche „Tradition“, auf dem rechten Auge blind zu sein. Ausgangspunkt ist das am 26. September 1980 auf dem Münchner Oktoberfest verübte Bombenattentat. Zwischen Thriller und Dokudrama pendelnd, leidet der Film vor allem daran, dass nahezu jeder Dialog dazu herhalten muss, Fakten und Thesen zu transportieren. Benno Fürmann spielt den Journalisten Ulrich Chaussy, auf dessen Buch „Oktober. Das Attentat. Wie die Verdrängung des Rechtsterrors begann“ der Film basiert. Chaussy hat über die Jahre als Hörfunksjournalist immer wieder versucht, Versäumnisse der Ermittlungen aufzudecken, mögliche Hintergründe des Geschehens zu beleuchten. Wie er, so zieht der Film eine direkte Linie von der damaligen Tragödie und deren Folgen zum Grauen der sogenannten NSU-Verbrecher (und der verschleppten Aufklärung ihrer Untaten). Wie gesagt: gut gemeint. Doch als Film nicht packend und darum bedauerlicherweise zu wenig wirksam.
Gemischte Eindrücke also. Einer überwiegt: Wie gelungen oder auch nicht, die hier zu sehenden Filme belegen in der Mehrzahl, dass die jungen FilmemacherInnen selten in Traumfabrikgefilde entfliehen, statt dessen (oft mit schöner Wut im Bauch) auf die Wirklichkeit Europas Ende des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts blicken.
Tag 1:
Heiteres zur Eröffnung: „Zweisitzrakete“ aus Österreich, eine federleichte Komödie des 29jährigen Südtiroler Regisseurs Hans Hofer, der auch am Drehbuch mitgeschrieben hat. Ein „unzynisches Märchen“, so nennt er die Lovestory schräger Art, in der ein junger Mann seine Angebetete, die mit einem anderen durchgehen will, schließlich erobert. Die Wahl dieses Films zum Auftakt ist geschickt, stehen doch in den nächsten Tagen, glaubt man dem Katalog, eher harte Filme im Langspielwettbewerb an. Filme, in denen die jungen AutorInnen und RegisseurInnen den, alles andere als heiteren, Zustand der (spätbürgerlichen) Welt spiegeln. Es gilt, abzuwarten, ob diese Filme packen und überzeugen. Der Auftakt aber: gelungen für die 35. Ausgabe des Festivals.
Das Festival ist in Jubiläumsfeierlaune. Die Bilanz kann sich ja auch sehen lassen: Die SchauspielerInnen Christiane Paul, Christoph Waltz, Simon Schwarz und Daniel Brühl und die Regisseurinnen Doris Dörrie, Axel Ranisch und Sandra Nettelbeck sind nur einige von den heute bekannten FilmkünstlerInnen im deutschsprachigen Raum, die beim Saarbrücker Filmfestival Max Ophüls Preis ersten Ruhm ernteten und dann beachtliche Karrieren gemacht haben. Noch bis zum Sonntag findet in diesem Jahr also die 35. Ausgabe des Festivals statt, das seit Jahren als wichtigste Tribüne für den jungen deutschsprachigen Film gilt, als Talentbörse für junge AutorInnen, RegisseurInnen und SchauspielerInnen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz. Kein Wunder, dass zum Jubiläumsfestival wieder Hunderte von Kurz- und Langfilmen, Dokus und Spielfilmen eingereicht worden sind. Knapp 200 haben es in die Auswahl geschafft. Und die ist seit Jahren streng. Minderwertiges hat in Saabrücken erfreulicherweise kaum eine Chance. Von den nicht ganz 200 Filmen, die in diesem Jahr zu sehen sind, laufen rund 70 Streifen in den verschiedenen Wettbewerben für Kurzfilme, mittellange Filme, Spielfilme und Dokumentationen.
Die Filme sind die Stars
Großes Plus des Festivals: es bringt die jungen Filmemacher auch mit etablierten Redakteuren, Produzenten und Verleihern zusammen, um den Anfängern über die Tage in Saarbrücken hinaus Kontakte zu vermitteln. Insbesondere diese Tatsache hat das in seinen ersten Jahren insbesondere auch auf den deutsch-deutschen Filmmarkt orientierte Festival – anders als manch andere in der alten Bundesrepublik renommierte Filmschau – nach dem Fall der Mauer davor bewahrt, an Bedeutung zu verlieren.
Der rote Teppich, Zentrum vieler Festivals, spielt in Saarbrücken nicht die Hauptrolle. Dafür gibt es auch keine VIP-Bereiche und Exklusiv-Parties. Publikum und Filmemacher kommen sich hier so nah wie selten. Die Filme sind die Stars. In jedem Jahr allerdings sorgt mindestens ein Star für Trubel und Hochzeit für Autogrammjäger, DER Ehrengast des Festivals, dem eine eigene Filmreihe gewidmet ist. In diesem Jahr ist es die prominente deutsche Schauspielerin Corinna Harfouch. Sie trat zur Eröffnung ganz bescheiden auf die Bühne, und bedankte sich – ausgesprochen artig anmutend – für die Chance, hier sechs Filme zeigen zu dürfen, die ihr besonders am Herzen liegen. Darunter ist auch ihr wichtigster DEFA-Spielfilm, „Treffen in Travers“ von Michael Gwisdek.
Zur Eröffnung gab es übrigens Protest: Behinderte veranstalteten im Festivalkino eine Aktion, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Festivalkinos ihren Bedürfnissen kaum entsprechen. Wenn überhaupt, ist die Zahl der für Rollstuhlfahrer, Seh- und Hörgeschädigte geeignete Vorführorte viel zu gering. Da muss sich tatsächlich etwas tun.
Peter Claus
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