Der Freitag beim Filmfestival um den Max Ophüls Preis

Regisseur Andreas Kannengießer, dessen Spielfilm „Vergiss Dein Ende“ zu denen gehört, die von vielen im Publikum als Kandidat für eine Auszeichnung gehandelt werden, hat sich geärgert – über meinen gestrigen getidan-Report zum Festival. Und er ist mir auf die Pelle gerückt. Erfreulich. Das passiert eben in Saarbrücken – Publikum, Künstler, Journalisten können unkompliziert miteinander ins Gespräch kommen. Und dürfen auch schimpfen.

Nun, er hat weniger geschimpft, als wirklich ein Gespräch gesucht. Sein Eindruck von meinem Text: Ich unterstellte, dass Regisseure oft nicht wüssten, was sie tun, und dass ihnen dann die Schauspieler die Filme retteten, und dass ich zu leichtfertig davon ausginge, ein erster Film wäre einfach so im Handumdrehen hinzukriegen. Und besonders ärgerte er sich über meine Ausführungen zum Engagement bzw. Nicht-Engagement von einigen Filmemachern, das ich registriert habe.

Ganz klar: Wenn keine Regie geführt wird, dann gehen in der Regel auch die besten und berühmtesten Schauspieler baden. Da gibt es leider einige Beispiele in der Filmgeschichte. Selbst große Stars sahen da schon ganz klein aus. Nein, ich bin nicht so dumm, zu glauben, dass Schauspieler ohne Regisseure auskommen könnten. Film ist Teamarbeit, was Andreas Kannengießer hier auch immer wieder gern betont hat, viele Gewerke kommen zusammen. Der Regisseur, die Regisseurin, aber ist es, die alle und alles zusammenbringt. Da waren wir uns sofort einig.

Andreas Kannegießers sensibler Film über Altwerden, Lebensträume und -ängste, Demenz und den Umgang damit, um nur Stichworte zu sagen (der Film hat zum Glück bereits einen Verleih und wird in die Kinos kommen), ist ein Debüt, und es ist sein Diplomfilm zum Abschluss des Studiums an der Filmhochschule „Konrad Wolf“ in Potsdam-Babelsberg. Und es ist keiner der schnell finanzierten oder im Handumdrehen gestemmten Filme. Andreas Kannengießers Erfahrung ist also keineswegs die, den ersten Film mal ebenso ermöglicht bekommen zu haben. Da ist er auch bestimmt nicht der einzige in Saarbrücken. Dennoch bleibt schon die Beobachtung, dass Erstlinge oft, nicht alle, aber so manche, schneller finanziert werden können, als dann die in der Regel auch aufwändigeren und damit teureren Nachfolgefilme.

Nicht wirklich einig sind wir uns im Gespräch in dem Punkt geworden, dass ich zu oft das Gefühl habe, die RegisseurInnen kämpften während des Festivals in Diskussionen und Gesprächen nicht genug für ihre Filme. Argument von Andreas Kannengießer: Sie ringen oft bis kurz vor Festivalbeginn um die Filme, kommen völlig erschöpft hier an und haben einfach noch nicht genug Abstand, um tiefgründige Gespräche zu führen. Darüber schwebt dann nicht selten auch einfach nur das Glücksgefühl, es nach Saarbrücken – das ist schließlich nicht irgendein Festival, sondern eines der wirklich wichtigen – geschafft zu haben. Das will ich alles gern in Rechnung stellen. Nur: meine Erfahrungen, Eindrücke, Empfindungen bleiben. Ich erlebe zu oft Leute, die mir eine Show vorspielen, hip sind und cool, aber nicht wirklich für ihren Film auf die Barrikaden gehen, wenn’s sein muss.

Andreas Kannengießer ist sozusagen ein bisschen – sehr freundlich, sehr höflich – auf die Barrikade gegangen. Das finde ich wunderbar. Und ich freu mich auch, dass die Provokation per „bösem“ Text funktioniert hat. Mir hat es die Begegnung mit einem Künstler gebracht, der als Regisseur einen emotional sehr packenden Film gedreht hat. Einen Film, der Wahrhaftigkeit ausstrahlt – wie der Regisseur selbst. So was zu erleben tut einfach gut. Es lässt einen das dumme leise-heimliche Grummeln im Hinterkopf über „die Jungen“ sofort energisch ausschalten.

Jetzt steigt die Spannung, wie die Jury entscheidet. Samstag, etaw 20:00 Uhr, wissen wir mehr.

Text: Peter Claus











VERGISS DEIN ENDE (Deutschland 2011)
Regie: Andreas  Kannengießer

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