11.08.2012
Guter Jahrgang, spannende Jury-Entscheidungen
Das 65. Internationale Filmfestival von Locarno war ein wirklicher Erfolg. Das Wichtigste: die Filme. Hier hat eine Fülle an Qualität begeistert. Für die Jury dürfte es nicht ganz einfach gewesen sein, aus dem vielen Guten das Beste herauszufinden. Von den 19 Filme aus aller Welt, die im Internationalen Wettbewerb um den Hauptpreis, den „Goldenen Leoparden“ gerungen haben, kamen bestimmt 12, 13 in Frage. Eine erstaunlich hohe Ausbeute.
Entschieden haben sich die fünf Juroren für „La Fille de Nulle Part“ („Das Mädchen von Nirgendwo“) von Regisseur Jean-Claude Brisseau aus Frankreich, ein Kammerspiel um eine junge Frau und einen alten Mann. Zwei Fremde in einer ihnen fremden Welt. Doch ist die junge Frau real? Existiert sie nur in der Phantasie des Mannes? Was passiert, wenn da offenbar Geister auftauchen? Die schön-seltsame Geschichte reflektiert eines der Themen unserer Zeit: die Unmöglichkeit für den Einzelnen, die Welt in Gänze zu erfassen. „La Fille de Nulle Part“ ist kein Film fürs Nebenbeigucken. Lust am Nachdenken ist gefragt. Insofern darf die Auszeichnung wohl auch als Plädoyer für Besinnung, für ein Innehalten im Wahn der Zeit gedeutet werden. Eine Liebeserklärung an das Arthouse-Kino ist sie gewiss.
Dem Arthouse-Kino gehört ja die Liebe Locarnos. Das Publikum liebt’s sowieso. Selbst auf der Piazza Grande. Dort stimmen die Zuschauer über den Publikumspreis ab. Der geht nahezu immer an Anspruchsvolles. In diesem Jahr an „Lore“, eine deutsch-australisch-britische Gemeinschaftsproduktion, inszeniert von Cate Shortland. Deutschland konnte noch einen weiteren schönen Erfolg verbuchen: In der dem Dokumentarfilm vorbehaltenen Sektion „Woche der Kritik“ errang David Sieveking mit „Vergiss mein nicht“ die Ehrung „Bester Film“. Das war weithin erwartet worden. (Über den Film haben wir während des Festivals bereits berichtet.) Die Doku kommt im Januar in die Kinos in Deutschland. Unbedingt vormerken!
Nahezu alle Preise der Jury gehen an Filme bzw. Leistungen in Filmen, die den Alltag von ganz durchschnittlichen Menschen im Kampf gegen die Unbill des Daseins reflektieren. Der erste Film der diesjährigen Locarno-Ehre, der in Deutschland in die Kinos kommt (am 23. August): „Nachtlärm“ (wir berichteten bereits). Hoffen wir, dass bald weitere der guten Filme des Festivals den Weg in unseren Kino-Alltag finden.
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Die wichtigsten Preise im Überblick
Goldener Leopard Hauptwettbewerb „Concorso Internazionale“:
„La Fille de Nulle Parte“ von Jean-Claude Brisseau, Frankreich
Spezialpreis der Jury:
„Somebody up There Likes Me“ von Bob Byington, USA
Silberner Leopard für die beste Regie: Ying Liang für „Wo Hai You Hua Yao Shuo“ („When Night Falls“), Südkorea/ China
Silberner Leopard für die beste Schauspielerin: An Nai für „Wo Hai You Hua Yao Shuo“ („When Night Falls“) von Ying Liang, Südkorea/ China
Silberner Leopard für den besten Schauspieler:
Walter Saabel für „Der Glanz des Tages“ von Tizza Coci und Rainer Frimmel, Österreich
Goldener Leopard im Nachwuchswettbewerb „Cineasti del presente“:
„Inori“ von Pedro González-Rubio, Japan
Hauptpreis der Woche der Kritik:
„Vergiss mein Nicht“ von David Sieveking, Deutschland
Publikumspreis der Piazza Grande:
„Lore“ von Cate Shortland, Deutschland/ Australien/ Großbritannien
10.08.2012
Der Dokfilm boomt – jedenfalls in Locarno
„More Than Honey“ – der Abschlussfilm des 65. Internationalen Filmfestivals Locarno – stammt vom renommierten Regisseur Markus Imhoof. Seit „Das Boot ist voll“, vor gut dreißig Jahren herausgekommen, hat er einen Ruf wie Donnerhall. Zu Recht. Mit „More Than Honey“, einer Doku über Leben und Sterben und vor allem Gefährdung der Bienen, schloss er nicht nur das Festival ab, sondern auch die hier gezeigte lange Reihe von Dokumentarfilmen. Der Eindruck in Locarno: der Dokfilm boomt. Schade nur, dass das im Kinoalltag kaum zu spüren ist.
„More Than Honey“ beeindruckt mit verblüffenden Bildern, etwa denen der Befruchtung einer Bienenkönigin im Flug. Wichtiger jedoch: Die Erkenntnisse, die er über den Missstand des Miteinanders von menschlicher Zivilisation und Bienen vermittelt. Die Industrialisierung der Honigproduktion ist für die Bienen geradezu tödlich. Und die Dummheit der Menschen übersieht dabei, dass dies auf die Menschheit zurückschlägt. Etwa ein Drittel aller Nahrungsmittel, die wir weltweit konsumieren, sind davon abhängig, dass Bienen ihr Tagwerk, das Bestäuben, in freier Natur ausüben. Schon Albert Einstein soll gesagt haben: „Wenn die Bienen aussterben, sterben vier Jahre später auch die Menschen aus.“
„More Than Honey“ läuft in Locarno außer Konkurrenz. Aber auch im Hauptwettbewerb gab es Dokus bzw. dokumentarische Essays. „Leviathan“ taucht ab in die Welt der Meere, Flüsse und Seen – und enthüllt die Untaten der Menschheit dort. Angenehm auch in diesem Fall: Es wird nicht moralisiert, nicht belehrt. „Leviathan“ zeigt, was Sache ist. Das Urteilen wird dem Zuschauer überlassen.
Der Freitagabend gehörte auf der Piazza Grande zwei höchst unterschiedlichen Filmen: „Das Missen Massaker“ und „Bonjour Tristesse“. Ersterer ist eine handfeste Horrorfilm-Parodie, die im Milieu des Miss-Wahlen-Universums angesiedelt ist. Regisseur Michael Steiner und sein Mitautor Michael Sauter haben das Genre genau studiert und ziehen es fröhlich-unbekümmert durch den Kakao. Ein echter Kracher. Ein Film, der nichts will als unterhalten, und das gelingt mit Schmackes.
„Bonjour Tristesse“, uraufgeführt 1958, wurde in einer exzellent restaurierten Fassung im Rahmen der Retrospektive für den Regisseur und Produzenten Otto Preminger gezeigt. Der wollte mit seiner Adaption des berühmten Romans offenbar mehr als „nur“ unterhalten. In exquisiten Bildern (und mit grandiosen Schauspielern wie Deborah Kerr und David Niven) zeigt er nicht allein das Psychodrama, sondern wirft dabei auch einen kritischen Blick auf den Zustand der (groß)bürgerlichen Welt. Sein Urteil fiel dabei vor mehr als einem halben Jahrhundert alles andere als freundlich aus. Man stellt geradezu schockiert fest, dass die Welt von gestern im Vergleich zu der von heute immerhin noch mit einer gewissen Würde am Abgrund balancierte.
09.08.2012
Geschichte(n) für die Gegenwart
Nun hat noch ein Film Furore gemacht im Internationalen Wettbewerb: „Polvo“ eine Gemeinschaftsproduktion Guatemala/ Spanien/ Chile/ Deutschland. Regisseur Julio Hernández Cordón, in den USA geborener Guatemalteke, beleuchtet die Historie von Guatemala während der letzten drei Jahrzehnte, insbesondere die Folgen des Bürgerkriegs von 1982 für das Leben der so genannten kleinen Leute. Viele leben noch immer zwischen Hoffen und Bangen, ob die einst verschwundenen Väter, Söhne, Ehemänner noch leben oder tot sind. Solche Geschichten gab es schon oft in Filmen aus verschiedenen Ländern. Immer wieder bestürzt der Schrecken. Doch in diesem Fall sorgt die sehr verhaltene Inszenierung dafür, dass man wirklich wachgerüttelt wird und nicht nur über das Geschehen in der Ferne, sondern auch über die Fragilität der Demokratie im eigenen Land nachdenkt. Der Film setzt nicht vordergründig auf Aufklärung, erst recht nicht auf Bilder des Grauens. Die werden oft geradezu beiläufig sichtbar. Etwa wenn sich eine Gruppe von Menschen fröhlich über Nichtigkeiten unterhält, während einer von ihnen mit einem Pinsel einen Menschenschädel im Nirgendwo einer Lichtung freilegt. Der Film denkt nebenbei auch über das Verhältnis von Kunst und Realität, indem zu den Hauptfiguren ein Paar von Dokumentarfilmern zählt, die sich mit dem Thema der verschwundenen Männer befassen.
„Polvo“ wurde den Journalisten als letzter Beitrag des Hauptwettbewerbs gezeigt. In Locarno ist es schon oft passiert, dass der zuletzt gezeigte Leoparden-Kandidat ganz oben auf dem Siegertreppchen stand. Mal sehen, wie’s in diesem Jahr wird.
Sicher ist im Moment nur: Der Freitag gehört dem Vergnügen fern von Wettbewerbsaufregungen. Die Aufführungen der Filme in der Preminger-Retro werden besonders voll sein. Da gilt es dann, sich eine Stunde vorher anzustellen. Das lohnt aber auch. Der in der Öffentlichkeit wohl weithin vergessene Regisseur und Produzent hat eine ganze Reihe von Filmen hinterlassen, die mit formaler Schönheit und inhaltlichem Gewicht glänzen. Und er war ein großer Schauspieler-Regisseur. Ob Marilyn Monroe oder Joan Crawford oder Paul Newman – Otto Preminger hat das Beste aus seinen Protagonisten herausgeholt. Nicht zuletzt das lässt die Begegnung oder Wiederbegegnung mit seinen Filmen nahezu immer zu einem Hochgenuss werden. Und, natürlich, die Tatsache, dass er stets etwas zu sagen hatten. Publikumswirksam verpackt hat sich der Österreicher zeitlebens mit den Möglichkeiten und Unmöglichkeiten des Miteinanders von Menschen unterschiedlichster Herkunft, Bildung, Kultur befasst. Das macht seine Werke zum Teil verblüffend aktuell.
Was sich von dem auf der Piazza gezeigten zweiten Film der US-Amerikanerin Kat Coiro nicht sagen lässt. „While We Were Here“ rollt eine öde Selbstfindungsstory ab: Frustrierte Ehefrau eines US-amerikanischen Bratschisten, der in Neapel ein Konzert gibt, entdeckt die Lust am Leben durch einen ausgeflippten Landsmann in Neapel und auf Ischia. In Schwarz/ Weiß gedreht sieht das aus wie einer der schlechteren Filme der Nouvelle Vague, der vierzig Jahre nach seiner Entstehung aus dem Vergessen aufgetaucht ist. Die inhaltliche Leere ist erschreckend, die formale Unbedarftheit nervt. Warum Olivier Père diesen Film eingeladen hat, erscheint als großes Rätsel. Aber Rätsel haben ja das Gute, dass sie die Leute zum Nachdenken und Miteinander-Reden animieren. Das hebt die Stimmung. Die hier allerdings ohnehin sehr gut ist.
08.08.2012
Peinliches und Erfreuliches
Gael García Bernal, Schauspieler aus Mexiko, der sich in den letzten zwölf Jahren international Star-Ruhm erarbeitet hat, wurde am Mittwochabend in Locarno mit einem Ehrenpreis ausgezeichnet. Bei einer öffentlichen Talk-Runde stellte er sich zunächst den klugen Fragen von „Varieté“-Reporter Jay Weissberg. Dann aber durfte die Journalisten-Meute fragen. Und man schämte sich mal wieder. Gott, was müssen Künstler für Dämlichkeiten aushalten? Fragen wie, was der wohl bisher schönste Tag in seinem Leben war, lassen sich ja noch unter Ulk verbuchen. Doch da will doch dann eine junge Frau aus Russland, dass der Schauspieler vor laufenden Kameras und Mikrofonen die Lage in ihrer Heimat einschätzt. Es war staunenswert, dass der Mexikaner nicht einfach mal wütend geworden ist. Mit viel Charme hat er sich aus der Affäre gezogen und der Fragerin klar gemacht, wie dumm ihr Ansinnen ist. Direkt hinter ihr sitzend und ihre gemurmelten Kommentare ertragen müssend, ist zu konstatieren: sie derart beschränkt ist, dass ihr nicht einmal ansatzweise klar wurde, in welch peinliche Lage sie den Mann gebracht hat. Man möchte sich mal wieder für den eigenen Berufsstand schämen!
Schöne Entdeckung im Kino: der Kurzfilm „Über rauhem Grund“ von Youdid Kahveci, Studentin an der DFFB. Die Berliner spiegelt in gerade mal neun Minuten anhand einer Episode aus einer Kreuzberger Kneipe den desolaten Zustand der deutschen Gesellschaft an ihren so genannten Rändern, da, wo die leben, die nicht reich sind, die keine Arbeit haben, deren Zukunft längst abhanden gekommen ist. Ein großer Talentbeweis. Auch für Kameramann Cornelius Plache. Der Film läuft hier im Wettbewerb der Sektion „Pardi di domani“, „Leoparden von morgen“, der den ganz Jungen, vor allem den Studenten, vorbehalten ist. In diesem Wettbewerb ist vieles zu entdecken, das beweist: Um die Zukunft des Kinos müssen wir uns keine Sorgen machen, jedenfalls nicht um die Frage, ob genügend Talente nachwachsen!
Im Hauptwettbewerb ist inzwischen noch ein Kandidat für die Auszeichnung mit dem „Goldenen Leoparden“ im Rennen: „La Fille de nulle part“ („Das Mädchen aus dem Nirgendwo“) aus Frankreich. Das ist ein wunderbar leiser Film, der mit einigen, wohl dosierten grellen Momenten gespickt ist. Erzählt wird vom Aufeinandertreffen einer sehr jungen Frau und eines sehr alten Mannes. Beide sind, wie es so schön heißt, „nicht von dieser Welt“. Was bei ihr etwas anderes bedeutet als bei ihm. Doch Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. Regisseur Jean-Claude Brisseau, mit 68 Jahren der wohl älteste Regisseur im Internationalen Wettbewerb, hat all seine Lebensweisheit in den Film eingebracht – und schenkt jedem im Publikum ein Lächeln.
07.08.2012
Es darf auch mal ein Missgriff sein
Locarno hat sich über die Jahrzehnte den Ruf erworben, die Qualität in der Filmauswahl obenan zu stellen. Natürlich gibt es auch hier weniger Gelungenes. Doch selbst das, zumindest im Internationalen Wettbewerb und im Programm auf der Piazza Grande, besticht in der Regel mit Intelligenz. Dennoch gibt es Jahr für Jahr mindestens einen Missgriff. Den von diesem, dem 65. Festivaljahrgang, haben wir hinter uns gebracht: „Bachelorette“ aus den USA. Bestechen im Wettbewerb neue Arbeiten des unhabhängigen US-amerikanischen Filmschaffens fern der großen Studios, flimmerte nun die Nichtigkeit der Autorin und Regisseurin Leslye Headland unterm Sternenhimmel. Die Debütantin ist stolz darauf, dem Subgenre des Bad-Boy-Movies nun das Bad-Girl-Movie entgegen zu halten. Filmhistorie scheint ihre Sache nicht zu sein, sonst wüsste sie, dass es schon seit Jahrzehnten Ladies im Kino gibt, die alles sind, nur keine Ladies – Mae West mit ihren Zweideutigkeiten, die toughe Bette Davies, die Protagonistinnen der Schwarzen Serie der 1940-er Jahre, vor nicht allzu langer Zeit Cameron Diaz in „There’s Something About Mary“. Miss Headland glaubt, sie zeige erstmals Frauen abseits aller Regeln. Sie zeigt ihre Protagonistinnen zwischen Drogenmurks und Spermaorgien, lässt sie fluchen, rumsauen und daneben benehmen. Ausgangspunkt ist eine Hochzeit, die von den Freundinnen der Braut begleitet wird. Wie originell! Aber, Schwamm drüber. Locarno kann es sich leisten, auch mal daneben zu greifen.
Überwiegend sind die Filme auf hohem Niveau, handwerklich und inhaltlich. Den schlechten Ruf, den Murks wie „Bachelorette“ dem US-amerikanischen Kino verpassen könnte, torpedieren die so genannten kleinen Filme. Im Wettbewerb fiel etwa „Somebody Up There Likes Me“ auf. Autor und Regisseur Bob Byington springt auch nicht gerade zimperlich mit seinen Figuren um. Sein Protagonist heißt Max, sieht ein Leben lang aus wie ein Bubi, und hat ein ganz durchschnittliches Leben mit Ehen, Kind, Geliebter, Berufserfolg und -niederlage. Und er hat einen geheimnisvollen blauen Koffer, dessen Inhalt nie sichtbar wird, der aber so etwas wie eine magische Kraft auszuströmen scheint. Der Film macht Spaß, weil er auch Max und den ihn umgebenden Charakteren so manches Geheimnis lässt, und weil er dadurch die Banalität eines Durchschnittslebens als das zeigt, was es ist, nämlich in jedem Einzelfall besonders. Das leise Schmunzeln, das Max’ Story auslöst, hat etwas befreiendes: Jeder, der sich in ihm wieder erkennt, kann auch begreifen, wie einmalig und besonders das eigene kleine Leben ist.
Davon erzählt, auf stilistisch ganz, ganz andere Art auch die österreichisch-US-amerikanische Koproduktion „Museum Hours“. Ein Wärter im Kunsthistorischen Museum in Wien und eine Besucherin aus Kanada verschränken ihre Lebenswege ineinander, gehen ein Stück gemeinsam, um sich selbst zu finden. Der Film ist sehr leise, arbeitet viel mit der Erzählerstimme der männlichen Hauptperson und lässt den Zuschauer mehr ahnen, als dass er ihm zeigt. Das, was in Bildern nicht zu sehen ist, ist bekanntlich meist das Wichtigste. So ist es auch in dieser Ballade von der Endlichkeit des Seins. Man verlässt das Kino wie nach einer Meditation – leicht und frei.
Die Jury hat es schwer. Aus der Vielfalt an Reizvollem und Gelungenem den „besten Film“ zu wählen, ist fast unmöglich. Das Festival darf das als Kompliment sehen.
06.08.2012
Darf’s ein Star mehr sein?
Locarno powert. Das Festival will (und muss sich) behaupten. Was schwerer wird. Denn mit Marco Müllers Übernahme des Festivals in Rom dürfte ein harter Konkurrent im Wachsen sein. Zudem wird Venedig, wo Müller bisher war, auch anziehen. Immerhin hat Locarno eine Trumpfkarte: Hier hat das Arthouse-Kino seine Heimat. Die Jungen kommen, auch weil sie wissen, dass das Festival sich bemüht, Kontakte zu Produzenten und Verleihern herzustellen. Aber: Überleben braucht Publicity. Also setzt Olivier Père, der künstlerische Leiter, auf Promi-Power. Sein Motto: „Darf’s ein Star mehr sein?“ Charlotte Rampling, Alain Delon, Ornella Muti… und und und… Allabendlich gibt’s Glanz und Glamour auf der Piazza Grande. Das hat schon etwas Inflationäres. Am Montagabend aber war es ungemein berührend: Der 85-jährige Harry Belafonte, abgesehen von Schwierigkeiten beim Gehen, stark und schön, verzauberte das Publikum. Mehr als 8000 Leute gaben ihm Standing Ovations als er einen Goldenen Ehrenleopard für seine außergewöhnliche, nun schon mehr als ein halbes Jahrhundert dauernde Karriere bekam. Ein Gänsehautmoment. Belafonte überzeugte als Künstler und als politisch engagierter Weltbürger. Er nutzte seine kurze, pointierte Dankesrede beeindruckend, um sein Engagement für soziale Gerechtigkeit zu betonen. Man kaufte es ihm ohne Wenn und Aber ab. Das war keine Show. Seine Mahnung, „Die Künstler sind die Hüter der Wahrheit!“ wurde von tosendem Beifall quittiert.
Was den Wettbewerb angeht, so haben die Spekulationen begonnen, welcher Film wohl am Samstag den Goldenen Leoparden ergattern wird. Es ist ein bisschen früh. Doch alle haben Spaß an diesem wohl ältesten aller Festival-Spiele. Weiterhin gut im Rennen liegt die englisch-deutsch-australische Koproduktion „Berberian Sound Studio“ von Regisseur Peter Strickland. Große Chancen hat auch „Starlet“ (USA) von Regisseur Sean Baker. Der intelligent unterhaltende Film erzählt von der eigenwilligen Freundschaft zweier, nicht nur an Lebensjahren, sehr verschiedener Frauen. Im Schatten der Pornofilm- und Sex-Industrie in Kalifornien versuchen sie, ihre Würde zu bewahren und wider alle Oberflächlichkeit des Alltags eine tiefe Freundschaft zu pflegen. Ein sehr berührendes Plädoyer für schlichte Menschlichkeit.
Viele setzen zudem auf den österreichischen Film „Der Glanz des Tages“. Das Regie-Duo Tizza Covi und Rainer Frimmel porträtiert in einer originellen Mischung aus Spielfilm und Pseudodokumentation den am Wiener Burgtheater und am Thalia Theater Hamburg gefeierten Schauspieler Philipp Hochmair. Der Film wurde kontrovers aufgenommen. Sehen die einen darin eine Hommage an die Kunst des Schauspielens, fühlen sich andere von der schonungslosen Intimität, wenn es darum geht den geistigen Horizont des Schauspielers auszuloten, bedrängt. Gut möglich, dass gerade die kontroverse Aufnahme bei der Jury positive Signale setzt. Aber: Noch stehen einige Wettbewerbsvorführungen aus. Es sind noch Überraschungen möglich – und dazu auch weiter Star-Besuche versprochen.
05.08.2012:
Marilyn und mehr
Olivier Père punktet auch in diesem Jahr enorm mit der Retrospektive. In diesem Jahr ist sie dem Österreicher Otto Preminger gewidmet. Vertrieben von den Nazis machte er in Hollywood eine große Karriere als Regisseur und Produzent. Die Aufführungen seiner Filme sind für viele hier in Locarno jeweils das Highlight des Tages. Zum Sonntag gab’s ein besonderes Schmankerl: „River of no Return“, Premingers erster Cinemascope-Film, sein einziger mit der Monroe. Sie brilliert als Saloon-Sängerin, eine starke, selbstbewusste Schwester der Cherie, die sie ein paar Jahr später in „Bus Stop“ so unvergleichlich anrührend spielte. Hier darf sie stark sein, und viel moderner im Denken als die Männer. Und natürlich darf sie ihre erotische Ausstrahlung einsetzen. Auch wenn die Story fast sechs Jahrzehnte nach Herauskommen des Films nicht mehr überzeugt, die technische Umsetzung einer gefährlichen Flussfahrt via Rückprojektion nur noch lächerlich wirkt, packt der Film durch die Monroe, ihren Partner Robert Mitchum und durch die damals höchst innovative Kameraführung, die noch heute nichts an Reiz verloren hat. – Das Kino war bis auf den letzten Platz besetzt, der Beifall enorm.
Viel Beifall gab es auch für „Nachtlärm“ in der Nacht von Samstag auf Sonntag. Starker Regen vertrieb leider viele von der Piazza Grande, nicht alle fanden Platz im Ersatzkino. Einen Saal für etwa 8000 Leute hat Locarno nun einmal nicht. „Nachtlärm“, inszeniert vom Schweizer Christoph Schaub, ist ein guter Schauspieler-Film. Vor allem Alexandra Maria Lara und Sebastian Blomberg, als Eltern in Panik, denen versehentlich das Kind gestohlen wird, überzeugen, ja, faszinieren. Dabei müssen sie überwiegend in einem Auto agieren, haben also kaum Raum, sich körperlich zu entfalten. Beide aber verfügen in hohem Maß über die Fähigkeit, insbesondere mit ihren Gesichtern das Innere einer Figur nach außen zu bringen. Exzellent! Und sie schaffen es sogar, die gelegentlich hölzernen Dialoge des Autors Martin Suter mit prallem Leben zu erfüllen.
Am Sonntagabend dann der bisherige Höhepunkt des Piazza-Programms: „Quelques heures de printemps“ („Ein paar Stunden Frühling“) von Regisseur Stéphane Brizé (Frankreich), dessen „Mademoiselle Chambon“ noch in bester Erinnerung ist. Wieder erzählt er betont langsam und leise, dabei in der Inszenierung stark an Ingmar Bergman erinnernd, eine sehr sensible Geschichte: Ein Mann, vielleicht Ende 40, kommt aus dem Gefängnis. Eineinhalb Jahre hat der LKW-Fahrer wegen einer Dummheit gesessen. Nun muss er versuchen, sich wieder in die Gesellschaft einzuarbeiten. Zunächst wohnt er bei seiner Mutter. Doch die Zwei kommen nicht gut miteinander klar. Auch aus einem schönen Flirt mit einer Kellnerin wird nichts. Der Grund in beiden Fällen: er kommt mit der Welt nicht klar, und auch nicht mit sich selbst. Dann aber gibt es eine dramatische Wende im Leben der Mutter – und er muss „funktionieren“… – Über die Geschichte sei hier nicht zu viel verraten. Denn der Film kommt hoffentlich bald in Deutschland in die Kinos. Nur das: Es geht auch um die Problematik der so genannten Sterbehilfe. Ein brisantes Thema, das der Film bewundernswert unspektakulär beleuchtet. Hélène Vincent und Vincent Lindon als Mutter und Sohn und Emmanuelle Seigner fesseln, bezaubern, stoßen ab. Kurz: sie jagend das Publikum geradezu durch nahezu jedes vorstellbare Gefühl. Ein kleiner Film, aber wirklich ganz großes Kino, denn die Geschichte lässt wohl niemanden kalt und dürfte jede und jeden dazu bringen, sich selbst einmal etwas kritischer zu betrachten.
Kurz vor der Halbzeit ist eines sicher: Locarno bestätigt wieder mal, dass Schauspieler das A und O des Kinos sind. Sie verführen uns zum Träumen, lassen uns lachen und weinen, regen zum Nachdenken an, einst und heute, zu Zeiten der Monroe und Mitchums, jetzt, da Persönlichkeiten wie die Lara und Lindon zu Recht Star-Ruhm genießen!
04.08.2012:
Spiegel des alltäglichen Irrsinns
Unsitte der Filmkritik: Auf jedem Festival wird nach d e m Thema gefahndet. Oft kommen dabei die seltsamsten, an den Haaren herbei gezogenen Theorien auf den Markt. In Locarno allerdings muss in diesem Jahr nicht gesucht und nicht spekuliert werden. D a s Thema: der alltägliche Irrsinn der bürgerlichen Welt. Die Flut der Filme spiegelt ihn auf unterschiedlichste Weise, mal mehr, mal weniger deutlich, immer pointiert.
Schöner Erfolg für Deutschland: der Wettbewerbsbeitrag „Berberian Sound Studio“. Da kommt ein englischer Toningenieur nach Italien, um einem Horrorfilm den richtigen Sound zu verpassen. Mehr und mehr sieht es so aus, als übernähme der Schrecken des Films im Film die Allmacht über alles und jeden. Falsch: Es sieht nicht so aus, es hört sich so an. Das ist das Besondere: Der britische Regisseur Peter Strickland fast die akustische Welt in faszinierende Bilder und, vor allem, Töne. Bestens unterstützt vom Hauptdarsteller Toby Jones (und, natürlich, einem exzellenten Soundtrack) illustriert er dabei den Wahn, der aufkommt, wenn allein Äußerlichkeiten das Leben bestimmen – und die Menschen dadurch die innere Balance verlieren. Ein erster Leoparden-Kandidat.
Auf der Piazza Grande dominiert eher Grelles. Steven Soderbergh etwa lädt in „Magic Mike“ in die Welt männlicher Stripper in Florida. Wie in „Berberian Sound Studio“ verlieren auch hier die Protagonisten den Boden unter den Füßen, weil sie den Realität nur noch an Oberflächlichem festmachen und die inneren Werte des Menschseins vergessen oder doch zumindest vernachlässigen. Soderbergh baut auf grobe Effekte, erreicht allerdings in einigen Szenen eine stimmige satirische Schärfe im Zeichnen einer Gesellschaft, die an sich selbst zugrunde geht.
Subtiler unternimmt das der ebenfalls auf der Piazza Grande gezeigte Film „Ruby Sparks“. Da wird eine von einem Schriftsteller erfundene Figur plötzlich lebendig. Der junge Mann muss mühsam lernen, dass seine Maßstäbe nicht unbedingt die anderer sein müssen, dass auch er sich anpassen muss, wenn er Mitglied einer Gemeinschaft von Menschen sein will. Die bittere Komödie, die in einigen scharfen Szenen geradezu brillant die Dummheit der Konsumgesellschaft attackiert, stammt vom Regie-Duo Valerie Faris & Jonathan Dayton, berühmt geworden vor einigen Jahren mit ihrem Debüt „Little Miss Sunshine“. Setzten sie dort vor allem auf leichten Witz, geben sie sich diesmal philosophischer und treffen voll ins Schwarze. Der sich nie bei einem vermeintlichen Massenpublikum anbiedernde Film tariert Anspruch und Amüsement fast perfekt aus. Gut möglich, dass diese schwarze Komödie am Ende den Publikumspreis abräumt. Aber: Noch sind wir nicht mal an der Halbzeit angelangt. Es kann noch einiges kommen.
03.08.2012:
Der Wettbewerb zieht an
Das ultimative Meisterwerk war noch nicht zu sehen. Aber auf welchem Filmfestival gibt es das schon zu entdecken?! Aber gute Kost wurde inzwischen serviert. Die belgisch-luxemburgisch-französische Komödie „Mobile Home“ stellt zwei gerade noch junge Männer vor, die nicht erwachsen werden können. Sie kaufen sich einen Wohnwagen, um den Traum vom Leben in absoluter Freiheit zu verwirklichen. Von Anfang an ist klar, dass das schief gehen wird. Die Geschichte ist also weniger interessant. Dafür fesselt, wie hier sehr sensibel eine Freundschaft gezeigt wird, deren Möglichkeiten und Grenzen austariert werden. Dies, und die Präsenz der Schauspieler, machen den Film zum gedankenreichen Vergnügen.
Das Schauspiel vor allem trägt die französisch-estnisch-belgische Koproduktion „Un estonienne à Paris“. Kein Wunder! Die greise Jeanne Moreau agiert in einer der Hauptrollen. Auch hier: keine sonderlich originelle Story: Eine nicht mehr ganz junge Frau aus Estland (Laine Mägi) kommt nach Paris, um eine kratzbürstige alte Dame (Jeanne Moreau) zuhause zu betreuen. Leider werden die dabei gezeigten Konflikte kaum zugespitzt. Zu viele Szenen wirken weichgespült. Mehr Radikalität, die Jeanne Moreau ein, zwei Mal zeigen darf, hätte dem Film gut getan. Trotzdem: Fasziniert von der großen alten Dame des europäischen Kinos guckt man einfach gern zu.
Ebenfalls schauspielerisch stark: „Jack and Diane“ aus den USA. Regisseur Bradley Rust Gray erzählt von zwei Frauen, die gerade am Erwachsenwerden sind, die sich ineinander verlieben, aber miteinander nicht können. Leider haben sich Drehbuch und Regie dazu entschieden, die psychisch schwierigen Momente der Pubertät auch mit Horror-Sequenzen zu spiegeln. Das ist unnötiger Firlefanz. Denn ansonsten ist die Story stark – und die beiden Hauptdarstellerinnen, Juno Temple und Jen Gatien, fesseln mit gut gearbeiteten Charakterstudien. Dank ihnen können sich auch Zuschauer, die längst der Pubertät entwachsen sind, in die Figuren hinein versetzen. Das wiederum führt dazu, dass längst etablierte Persönlichkeiten beginnen, sich selbst zumindest ein wenig in Frage zu stellen. Und was ist besser, als das Kino mit Frage im Kopf zu verlassen?
02.08.2012:
Tag zwei in Locarno
Der Internationale Wettbewerb ist noch nicht wirklich in Fahrt gekommen. Aber es waren ja auch erst drei der 19 Beiträge zu sehen. Geduld also.
Dafür lockt die Retrospektive mit Filmen von Otto Preminger. „Daisy Kewnyon“ aus dem Jahr 1947 zeigt, was für eine erstklassige Schauspielerin Joan Crawford war, und was für ein großer Regisseur Preminger. Wer den Film nicht kennt, sollte ihn sich unbedingt auf DVD besorgen. Die Geschichte einer Frau zwischen zwei Männern ist von einer verblüffenden Modernität – inhaltlich und formal.
Hinreißend: der Auftritt von Alain Delon. Am Donnerstagabend erhielt er den «Lifetime Achievement Award» des Festivals. Der einst als „männliche Bardot“ gehandelte Star („Rocco und seine Brüder“, „Vier im roten Kreis“, „Borsalino“) wurde vom Festivalvolk bejubelt. Seine aufkommende Rührung bekämpfte er mit Ironie. Delon witzelte: „Solche Preise kriegt man immer, wenn man schon mit einem Bein im Grab steht. Aber ich verspreche, dass ich noch nicht so schnell sterbe. Schon allein, weil es noch ein paar Leute gibt, die ich noch ein wenig ärgern möchte.“ Vertretern der Presse verriet er das Geheimnis seines Jahrzehnte andauernden Erfolgs: „Es ist simpel: Als ich anfing, haben mich die guten Regisseure ausgewählt. Später, mit mehr Erfahrung, habe ich mir dann die guten Regisseure ausgesucht.“ Selbstsicherheit und Selbstironie in schönster Balance.
Nach der Ehrung Delons lief auf der Piazza Grande, also außerhalb des Wettbewerbs, das Drama „Lore“, eine deutsch-australisch-englische Koproduktion. In intensiven Bildern schildert der Film das Schicksal von fünf elternlosen Geschwistern, die am Ende des Zweiten Weltkriegs eine Odyssee durch Deutschland unternehmen. Die Kinder im Alter von nicht einmal einem Jahr und etwa 16 laufen vom Schwarzwald aus rund 900 Kilometer quer durch das desolate Land. Sie wollen Zuflucht bei der Großmutter an der Nordseeküste finden. Neben all den körperlichen Strapazen wird das für die ganz in der Ideologie der Nazis erzogenen Kinder auch zu einer psychischen Belastungsprobe.
Was hat die verbrecherische Ideologie von im deutschen Faschismus in den Köpfen von Kindern und Jugendlichen angerichtet? – Der Film gibt keine vorschnellen Antworten, macht es dem Publikum nicht leicht. Der Beifall war heftig. Die Auseinandersetzung mit dem Thema „geistige Verführung“ wurde offenbar vom Publikum als aktuell empfunden. A und O des Films: die Darsteller, allen voran Saskia Rosendahl als etwa 16-jährige Lore. In ihrer ersten großen Filmrolle fasziniert die junge Frau mit facettenreichem Ausdruck und schöner Verhaltenheit. Die australische Regisseurin Cate Shortland beweist wieder einmal, dass die Führung der Schauspieler wesentlich für die Wirkung eines Spielfilms ist.
Wiewohl eine Koproduktion Deutschland/ Australien/ England lief der Film hier unter deutscher Flagge. Der Beifall am Ende war reichlich.
Bild: Festival del film Locarno © 2012. All rights reserved.
01.08.2012:
Auftakt des Flimmermarathons am Lago Maggiore
Millionen Mücken tanzen, nichts verkauft sich so gut wie Fächer – aber die Stimmung ist gut. Es ist die 65. Ausgabe des Internationalen Filmfestivals, also ein Jubiläum. Dazu wurde der rote Teppich ausgerollt. Schon am Abend vor der offiziellen Eröffnung gab es Star-Glanz: Elsa Martinelli, Hollywood-Export der frühen 1960-er Jahre, viele werden „Hatari“ erinnern, brachte die Piazza Grande, auf der rund 8000 Zuschauer allabendlich Platz nehmen, zum Kochen. Bei der Eröffnung war es Weltstar Charlotte Rampling aus England, unvergessen etwa in „Die Verdammten“ von Luchino Visconti, die für Stimmung sorgte. Sie bekam einen so genannten „Exzellent Award“ und meinte, dass sie mit dem Begriff „exzellent“, auf sich selbst und ihre Arbeit bezogen, nicht so viel anfangen kann. Ihr Ziel sei es immer, die Menschen mit den Filmen dazu zu bringen, sich selbst zu befragen, – am Ende ein bisschen klüger aus dem Kino nachhause zu gehen.
Das entspricht diesem Festival perfekt. Die fast 300 Filme haben, so jedenfalls das Ziel des künstlerischen Direktors Olivier Père, alle genau dieses Ziel. Locarno, die Tribüne für gute Arthaus-Filme, will Unterhaltung und Anspruch verbinden – und will dafür sorgen, dass die Festivalfilme nach Locarno in die Kinos der Welt kommen. Dafür lädt Père viele Verleiher ein. Eine kluge Strategie.
Im Hauptwettbewerb, dem Herzstück, laufen 19 Filme aus aller Welt, in der Regel Koproduktionen, und konkurrieren um den begehrten Goldenen Leoparden. Zwei dieser Filme sind mit Geld aus Deutschland realisiert worden. Abwarten, wie sie sich schlagen werden.
Der Star-Rummel geht in den nächsten Tagen weiter. Alain Delon wird zum Beispiel über den roten Teppich schreiten. Vorteil: Die Show sorgt für noch mehr Aufmerksamkeit als Locarno sie bisher bekommen hat. Nachteil: Wer hier ist, muss sich mindestens eine Stunde vor Vorstellungsbeginn einen Platz suchen, sonst kann es passieren, dass man nicht dabei sein kann. Die hier einst geliebte familiäre Atmosphäre ist perdu. Dafür wächst die Aufmerksamkeit der Branche. Die braucht Locarno um sich im Reigen der weltweit rund 3000 Festivals seinen Platz unter den ersten 10, 12 zu sichern – und, um vielleicht wirklich das Ziel zu erreichen, im Feld der Spitzenfestivals noch ein kleines Stück weiter nach vorn zu rücken.
© Peter Claus
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