Käutner-Preisträger Christoph Schlingensief und Oberbürgermeister Dirk Elbers mit Urkunde

Laudatio von Georg Seeßlen

Wer einen Künstler preisen will, der muss wohl damit herausrücken, was er für die ideale Kunst zur Zeit und wen er für einen Künstler hält, der dem nahe kommt. Und genau darum soll es im folgenden gehen, nämlich um die Frage, was Kunst zur Zeit können, dürfen und wollen sollte, und was Christoph Schlingensief damit zu tun hat.

Der Künstler, meiner bescheidenen Meinung nach, ist ein Mensch, der ICH sagen kann, nicht so sehr zu sich selbst, als vielmehr zur Gesellschaft. Das scheint nun vielleicht ein wenig verwirrend angesichts einer Gesellschaft von Egomanen, Egozentrikern und vor allem Egoisten. Einer Gesellschaft, in der man eine Me-Generation diagnostiziert hat, die man im Zeitalter des Narzissmus verortet hat, in der jeder als radikaler Ich-Darsteller für fünf Minuten Ruhm im Fernsehen seine Würde aufs Spiel setzt, eine Gesellschaft in der Geiz geil ist und Entlassungen den Finanzwert einer Firma erhöhen und der ich-süchtige Aktionär an der Vernichtung von Arbeit verdient, eine Gesellschaft, in der man sich um nichts so sehr Sorgen macht wie um mein Haus, mein Auto, mein Pool, eine Kultur, in der eine Band Me First and the Gimme Gimmes heißt, Zuerst komm’ ich und dann gib mir das, gib mir dies, und in der eine Bank gutgelaunt verkündet: Unterm Strich zähl’ ich. Ich sagen in einer Gesellschaft, die offensichtlich vom Ich-Sagen besessen ist, das soll Kunst sein?

Genau dies. Denn nichts hat uns von der Kunst des Ich-Sagens so entfernt wie der hysterische Narzissmus im späten Kapitalismus. Das Subjekt, so scheint es, schreit gegen seine Auflösung an, statt sich aufzuraffen will es gefüttert werden, statt sich der Welt zu stellen, flüchtet es in die Innenräume. Dieses Ich des Spätkapitalismus – entschuldigen Sie das etwas abgegriffene Wort, aber leider ist noch niemandem ein besseres eingefallen – das Ich des Spätkapitalismus also ist zugleich übermächtig und bedeutungslos. Dagegen muss etwas getan werden. Unter anderem mit den Mitteln der Kunst.

Der Künstler ist ein Mensch, der Dinge tut, die ihm vollkommen entsprechen. Und auch das sagt sich so leicht und klingt erst einmal nach Authentizität und Selbstverwirklichung und Nicht-Entfremdung. Also nach schönen Geschichten, die früher oder später Hollywood oder Schulbuch werden. Aber es ist viel fundamentaler.

Was Kunst ist, das wird in einer liberalen Gesellschaft in aller Öffentlichkeit ausgehandelt. Künstler ist, von dem das, was er macht, als Kunst ausgehandelt worden ist. Das ist, was die Kunst anbelangt, zwar höherer Blödsinn, soziologisch aber, fürchte ich, sowohl zutreffend als hinreichend. Daher ist das Entscheidende daran, ob man Parteigründungen, Talk Show oder ihre Travestie, eine Kirche der Angst, Container-Geschehnisse oder Plakate mit der Aufschrift „Tötet Helmut Kohl“ als Kunst ansieht, ob man darunter „nur“ Kunst versteht, als die ästhetische Dekoration, das Narrenspiel, die Begleitmusik der Gesellschaft und das alles womöglich selber marktfähig, profitträchtig, wertbeständig und unter Mitnahmeeffekten verbreitet, oder aber ob es schon Kunst ist, der Ein- und Vorgriff, die utopische Arbeit an den Möglichkeiten, vielleicht der Widerspruch zu Theodor W. Adornos Donnersatz: Wenn es schon Kunst ist, dann ist es vielleicht genau das Richtige Leben im Falschen.

Vorneweg: Die Kunst eines Christoph Schlingensief besteht nicht zuerst darin, mit den richtigen Mitteln die richtigen Aussagen zu treffen oder die richtigen Prozesse einzuleiten. Die Kunst des Christoph Schlingensief besteht darin, aus freien Stücken Christoph Schlingensief zu sein. (Apothekersohn und Künstler.) Und wer einmal ausprobiert hat, wie schwierig es ist, aus freien Stücken ein Glas Milch zu trinken oder eine Symphonie zu schreiben, der weiß auch: Das ist keine leichte Sache.

Zum zweiten bilde ich mir ein, dass jeder gute Künstler zur Zeit ein Anarchist sein muss. Ich meine damit nicht, dass er Bomben werfen soll oder sonst wie seine Umwelt terrorisieren müsste, ich meine auch nicht diesen wohlfeilen Anarchismus der Verhaltenscodes, nach dem schon ein Künstler ist, wer im Pullover erscheint, wo alle anderen schwarze Anzüge tragen. Ich meine damit, dass ein Künstler jemand ist, der in Staat und Gesellschaft weder die letzten noch die besten Institutionen für die fundamentalen Fragen und Widersprüche der Menschen sieht. Widersprüche wie die zwischen der Sehnsucht nach Geborgenheit und der nach Freiheit. Zwischen der Angst und dem Begehren. Ich meine auch, ein Künstler zur Zeit, ist ein Mensch, der den Kapitalismus nicht als beste und endgültige Form ansieht, die Beziehungen der Menschen untereinander zu regeln. Das ist, glaube ich, keine Frage der politischen Einstellung, es liegt in der Natur der Sache selber, Kunstmarkt hin und Kunstbetrieb her. Mein Künstler zur Zeit jedenfalls sagt, dass der Sinn des Lebens nicht in der Regierbarkeit und nicht in der Marktfähigkeit des Menschen liegt.

Dass Christoph Schlingensief, der Apothekersohn aus Oberhausen, betont, dass er eine durchaus glückliche Kindheit erlebt hat, ist bei alledem vielleicht mehr als ein kleiner sympathischer Schlenker der Biographie, zumal für einen Insassen meiner Generation, für die der Generationenbruch, politisch wie ästhetisch, so bestimmend war. Wer erdreistete sich da, Kunst machen zu wollen, ohne ein anständiges Kindheitstrauma? Wessen Kunstwerke sollten da nicht lesbar sein als Phantasien des Vatermordes, oder wenigstens als Neuanfang in einer Geste des Alles-anders-machens.

Christoph Schlingensiefs Kunst beginnt damit, dass er sich zu selber bekennt. Zur besagten glücklichen Kindheit, dazu ein Kleinbürger zu sein, ein Halbintellektueller, ein altkatholischer Ministrant, der vom „Beichtfilm“ träumt, ein Fernsehkind, das zu Zeiten um zehn Uhr den Apparat ein und erste um zwölf Uhr nachts wieder ausgemacht hat, und so weiter. Es ist wichtig, dass da einer spricht, der nicht von obenhin, sondern aus dem Gewöhnlichen spricht, der niemals das Gewöhnliche verachtet. Und wichtig ist das unter anderem auch deswegen, damit niemand die Selbstermächtigung des Künstlers mit der Anmaßung verwechselt. Christoph Schlingensief geht mit anderen Menschen mit großem Respekt, pathetisch gesagt: mit Demut und Würde um.

Der Künstler Christoph Schlingensief erklärt sich selber nicht aus dem Mythos von Opfer und Leiden, sondern aus dem Projekt der Freiheit. Daher wird bei ihm nicht die Neurose zum Film, sondern er kann umgekehrt, den Film als Neurose erkennen, und so heißt denn auch eine seiner Arbeiten. Er behandelt das Kino wie eine Krankheit, die es zu überwinden gilt, durch Armut zum Beispiel, durch Direktheit. Der 60-Minuten-Film „100 Jahre Hitler – die letzte Stunde im Führerbunker“ wurde an einem einzigen Tag gedreht, kein Kino mehr als verbesserte Wirklichkeit, sondern Film als frontal attackiertes Leben. Darum ist das Statement von „Die 120 Tage von Bottrop“ wichtig, dass der Regisseur nicht mehr an das Kino glaubt. Denn es ist die Negation eines Kinos, an das man glauben muss, statt es zu verstehen.

Und daher werden Opfer und Leiden durchaus wichtige Themen im Werk, wie auch nicht? Sie sind ja in der Welt, die Opfer und das Leiden.  Und sie sind es auch wieder nicht, insofern die Kunst nur eine lockere und aufgeklärte Beziehung zur magischen Biographie hat. Wollten wir einen Unterschied zwischen, sagen wir, Rainer Werner Fassbinder und Christoph Schlingensief ziehen, dann läge er primär in der Tatsache, dass jemand wie Fassbinder das Kino zum Überleben gebraucht hat, und dass er im Kino gelebt hat. Schlingensief dagegen riskiert sogar die Zerstörung dieses Überlebensmittels, um seine Beziehung zur Welt zu klären.

Das hat nicht nur mit den Personen zu tun, das hat auch mit der Entwicklung der Kultur, der Gesellschaft, der Medien zu tun. Und ich versprach ja, vom idealen Künstler dieser Zeit zu sprechen. Ich möchte also drei Grundvoraussetzungen für das nennen, was ich als gute Kunst zur Zeit empfinde. Das erste ist, es hat sich im vorherigen schon angedeutet: Tapferkeit.

Damit ist nicht gemeint ein Mut zur Provokation und schon gar keine martialische Eigenschaft, sondern die Entschlossenheit, dem Sturm, den man entfacht, auch selber standzuhalten. Und noch viel bedeutender als die Anwesenheit auch dort, wo es ganz buchstäblich gefährlich werden kann für einen Künstler, der die Ruhe der schweigenden Mehrheit stört, sondern dort, wo es um das moralische und intellektuelle Aushalten geht.

Die Tapferkeit der Kunst zur Zeit liegt darin, dass man Künstler sein muss, um ein Wort von Jean-Luc Godard zu zitieren, ohne die Hilfe der Götter. Christoph Schlingensiefs Filme bis hin zu „Die 120 Tage von Bottropp“ zeigen die Abwesenheit der Götter, auch die der Filmgötter, der Väter des neuen deutschen Films zum Beispiel, Fassbinder, Kluge oderHerzog, in der Zertrümmerung ihrer Bilder. Und dabei war Schlingensief paradoxerweise einer der ganz wenigen, die ihre Abwesenheit zur Kenntnis nahmen. Während die Traditionalisten taten, als wäre nichts geschehen, machten die Vertreter der neuen deutschen Spaßgesellschaft etwas ganz anderes mit ihren Göttern: Sie ignorierten sie. Schlingensiefs künstlerische Tapferkeit umfasst immer das Gewahrwerden des Verschwindens.

Zur Tapferkeit der Kunst gehört es, dass Christoph Schlingensief ihr nach dem nun ja Scheitern der Allianz zwischen sozialer Bewegung und Kunst, also pathetisch gesagt nach dem Scheitern der politischen Kunst der 68er, ihr nicht erlaubt hat, sich in Privat- und Freiräume zurück zu ziehen. Christoph Schlingensief verhält sich überhaupt sehr merkwürdig zu den 68ern, er kritisiert sie einerseits, und zwar zu Recht, mein lieber Schwan, aber er setzt sie eben auch fort. Er macht das Scheitern der politischen Kunst politisch sichtbar, und er versetzt den Dogmen der politischen Kunst einen derben Stoß, indem er sie kurzerhand aus der Theorie in die Praxis versetzt. So wie die beste Kritik an Filmen andere Filme sind, um wieder Godard zu zitieren, so ist die beste Kritik an politischen Gesten die politische Geste.

Das zweite Merkmal für die Kunst zur Zeit scheint mir die Konsequenz. Die Durchführung einer Sache bis zu jenem Zeitpunkt, an dem sie sich vollständig offenbart hat. Damit wiederum ist keineswegs eine Sturheit höherer Ordnung, nicht einmal das Stereotyp der Treue des Künstlers zu sich selbst gemeint, sondern die Fortsetzung der Projekte gegen alle Versuchungen der Repetition und der Selbst-Stilisierung. Es ist die Konsequenz sich immer wieder neu auszusetzen, unter anderem auch, was die Überschreitung der Kunstsphäre anbelangt, das Paradoxon des genialen Dilettantismus immer wieder neu anzusetzen. Scheitert man, ist man nur noch Dilettant und nicht mehr genial, ist man erfolgreich, ist man nur noch genial aber kein Dilettant mehr. Gleichzeitig aber ist genialer Dilettantismus die Voraussetzung für die Wiedererringung der Unschuld in der Kunst.

Das dritte schließlich ist die Reflexion. Das Kunstwerk ist keine mystische Einheit mehr, so wenig wie der Autor ein mystischer Kreator ist. Die Frage wie viel Politik man der Kunst zumuten kann. Das heißt: Reflexion bedeutet nicht unbedingt, dass der Künstler selber heftig ins Grübeln kommt über das, was er da angerichtet hat, obschon so etwas keineswegs verboten ist, es bedeutet vielmehr eine Offenheit der Kunst, die den Diskurs initiiert. Ich habe mich vor Jahr und Tag der schönen Mühe unterzogen, dem seltsamen Attraktor Christoph Schlingensief in Internet-Foren nachzuspüren (ich vermute, heute würde ich längst an der schieren Menge der Eintragungen scheitern), und neben vielem dummen und gehässigen Zeug eine seltsame Übersprungsenergie festgestellt. Diese Kunst findet an den überraschendsten Stellen und in den überraschendsten Formen ihren Widerhall, sie hat es geschafft, das Ghetto, das die Gesellschaft ihr zuordnet, zu verlassen.

Schlingensiefs Arbeiten aus den achtziger Jahren sind, jedenfalls nach meiner Wahrnehmung, durchaus jener Punk-Bewegung geistesverwandt, der man gerade in Deutschland schwer unrecht tut, wenn man sie auf Irokesenhaarschnitt, Dosenbier und „No Future“ reduziert. Punk war auch eine Kunst-Bewegung, und in ihr spielte das Prinzip der Selbstermächtigung und das noch heute vor allem in den USA bedeutende Element des „Do it yourself“ eine entscheidende Rolle. Der Do it Yourself-Punk entlehnte den vernutzten kleinbürgerlichen Begriff, um eine neue Form von Selbstorganisation und Öffentlichkeit herzustellen. Möglicherweise bekommt das Kunstwerk dabei eine neue Funktion: Die Kunst will nicht irgend etwas sein, sondern sie will geschehen, und der Künstler steht nicht so sehr hinter seinem Werk als vielmehr mitten in ihm drin.

Tapferkeit, Konsequenz, Reflexion, damit habe ich die drei Elemente benannt, die der Kunst als, wiederum ein Wort von Godard, „konkrete soziale Geste“ eigen sind. Es ist die Selbstermächtigung, der Welt aus freien Stücken zu begegnen. Das trifft schließlich auch auf die existentielle Erfahrung zu, auch der Krankheit kann man aus freien Stücken, mit Tapferkeit, Konsequenz und Reflexion entgegentreten. Und auch das ist für den Künstler keine Privatsache, auch das ist selber Modell und Kunst.

Laudator Georg Seeßlen

Nun gibt es neben den Elementen der konkreten sozialen Geste in der Kunst auch eine ästhetische Immanenz, und wundersamer Weise besteht diese meiner Auffassung nach ebenfalls aus drei Elementen. Das erste ist Musikalität. Damit meine ich ein wenig mehr als Diedrich Diedrichsen, der einmal in einer wunderbaren Coda nach einer durchaus kritischen Auseinandersetzung mit dem Künstler notiert hat, nach einer Schlingensief-Inszenierung ginge man nach hause wie nach einem Rock-Konzert. Ich meine damit vor allem das Gespür für Rhythmen, Strukturen, Verwandtschaften und Beziehungen, kurzum Komposition, und das für die notwendigen Störungen, Brechungen, Retardierungen. Gehen Sie einmal das Wagnis ein, ein scheinbar so chaotisches Geschehen auf der Bühne, im Film oder auf der Straße mit einer Fuge von Bach zu vergleichen: Sie werden verblüfft sein. Erst dadurch dass beides aufeinander trifft, das diskursive Geschehen und die immanente Musikalität, wird aus einer Konfrontation ein Kunstwerk.

Das zweite ist die Ikonität. Wiederum meine ich damit mehr als das Sichtbarmachen, und sei es das Sichtbarmachen von Behinderten, von Arbeitslosen, von Ausgegrenzten und Abgeschobenen. Ich meine, dass es in dieser Form der freien Inszenierung immer auch Bilder, große Tableaus sozusagen gibt, die viel mehr sind als Abbildungen dessen, was geschieht. Die Schlingensiefsche Kunst-Maschine, die situative Spannungen erzeugt, ist immer auch eine Maschine zur Herstellung von Bildern und, gewiss doch, Selbst-Bildern. Und umgekehrt nimmt Schlingensief die Spannungen auch mit in eine sagen wir kontemplativere, sublimere Form seiner Kunst, einer Kunst, die sich längst auch schon wieder einem vergleichsweise traditionellen Verständnis der Bildenden und Darstellenden Kunst geöffnet hat.

Das dritte ist, Sie haben es geahnt, die Literarität. Und wiederum meine ich damit nicht allein den Schlingesiefschen Jive, der längst eine ganz eigene Sprachmelodie erzeugt hat, diese Komposition von Schlagworten, Slogans, Verdrehungen und Appropriationen, diesen Schwall der Verdichtungen. Ich meine, dass seine Arbeit so sehr wie auf Bilder und Musik auf Text basiert. Einer der ersten Bezugspunkte des jungen Christoph Schlingensief war der französische Dichter Charles Baudelaire, und wie wäre es, wenn man das eine oder andere Werk von ihm noch einmal ganz anders, nämlich als Illustration, ja als Fortsetzung eines Poems à la Baudelaire ansehen würde.

Aus alledem jedenfalls wird nicht das, was man modisch und gedankenlos gern das Gesamtkunstwerk nennt, mit allem Wagnerischen, Riefenstahlschen und Hitlerischem, was dabei mit schwingt. Es geht im Gegenteil um die offene Polyphonie, um die Entdeckung und die Errettung des einzelnen. Die Dinge sagen Ich in den Arbeiten von Christoph Schlingensief, die Bilder, die Worte, die Musik: Es sind Anarchisten in eigener Sache. Und jede Inszenierung ist die Feier der Dinge, der Subjekte, der Botschaften, die ihren Wert haben. Diese Kunst ist dazu da, den Dingen der Welt ihren Wert zurück zu geben (wenn man will, kann man dazu ein bisschen bei dem Philosophen Hans Blumenberg nachlesen).

Die Voraussetzung für eine solche Art der Kunst ist ein Prozess, den man mit Michail Bachtin eine Karnevalisierung genannt hat, was insofern missverständlich ist, als Bachtin nicht die kirchlich festgeschrieben, ritualisierte und kontrollierte Form des Karnevals meinte, und natürlich schon gar nicht den verordneten und medialisierten Frohsinn, an den wir gewöhnt sind, sondern eine wiederkehrende, volksfesthafte aber eben durchaus auch politische Befreiung und Umwertung. Nun ist freilich der Karneval nicht nur eine „Pause“ in der allgemeinen Ordnung der Vorschriften (ein Schub an „Gerechtigkeit“ auch, in dem jeder sich holen kann, was ihm an sexuellen und anderen Genüssen ansonsten vorenthalten wird) und eine Freigabe der Herrschaftssprache, sondern auch eine semiotische Veranstaltung. Karneval ist ein mehr oder weniger wilder Tanz der Zeichen, und die Zeichen können, soviel ist klar, nur tanzen, wenn es sie gibt. Männlich/weiblich, oben/unten, schön/hässlich, entblößt/vermummt, alt/jung, militärisch/zivil, geistlich/weltlich, sittsam/obszön, formiert/deformiert: temporär sollen die Zeichen frei verfügbar sein, so dass aus der „Verkleidung“ mehr wird als das kindliche Rollenspiel und die fiktionale Wunscherfüllung, nämlich die Bezeichnung des Tabu in der Negation. Und ist es nicht erstaunlich, was bei uns Tabu ist? Nein, kaum noch eine sexuelle Groteske, keine Blasphemie, keine aufrührerischen Ideen. Tabu sind in dieser Gesellschaft Dinge wie Mitleid, Solidarität, das Gewahrwerden von Heuchelei, das Anschauen dessen, was den Fluss der Waren stört. Und Tabu ist das, was Schlingensiefs Kunst immer wieder auszeichnet, nämlich die Dinge beim Wort und beim Bild zu nehmen.

Michail Bachtin, dem wir die große (mehr als) literarische Theorie der Karnevalisierung verdanken, hat vier Grund-Elemente zusammengestellt, wie sie sich im Verlauf einiger Jahrhunderte entwickelten:

Erstens Familialisierung (keine Rituale von Hierarchie und Differenz, von wichtig und unwichtig, gespielt oder ernst, keine Ab- und Anstandsregeln, sondern „Ungezwungenheit“ und direkte, sinnliche Kommunikation, in den Worten von Christoph Schlingensief: „Ich wünschte, wir wären alle wieder Familie“); Familialisierung bedeutet aber auch: das Naheliegende. Also sehen, wogegen wir längst schon blind sind, wir Fernseher und Systemtheoretiker, wir könnten durch karnevalisierte Kunst wieder in der Lage sein, das Naheliegende zu sehen.

Zweitens Exzentrizität (Suspendierung von Logik und kulturellen Codes, Betonung des „natürlichen“ ebenso wie des exaltierten Benehmens, Bewegung und Wort lösen sich aus der Gewalt hierarchischer und kultureller Stellungen, Ausnahmen, die sich weigern, die Regeln zu bestätigen); das meint aber auch zum Beispiel „Nicht funktionieren“ müssen, keinem roten Faden, keiner Dramaturgie folgen, außer eben der, die eigenen Bilder erscheinen zu lassen; sich genau dort wieder zu finden, wo man nach aller Erwartung gar nicht sein sollte.

Drittens Mesalliance, so nennt das Bachtin, durchaus den ursprünglichen Verstoß gegen die sexuelle Ordnung reflektierend, (sinnliche Verbindung des politisch/diskursiv Getrennten, die Vermischung von Sprachen und Zeichen, des Hohen und Niedrigen, Tragödie und Soap Opera, die alles ergreifende Begegnung mit offenem Ausgang); das ist aber auch zum Beispiel das Zusammentreffen ganz unterschiedlicher Grade von Professionalität und Dilletantismus, oder aber, das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Materialien, etwa unterschiedlicher Materialen des Films, unterschiedlicher Gattungen und Genres.

Viertens: Profanierung (Parodie auf geistliche und weltliche Autoritäten, symbolische Entthronungen und Entkleidungen, gezielte Fehlbesetzungen, Durchsetzung des Pathos mit Obszönität, endlich darf Wort und Bild werden, was außerhalb des Karneval als „ruchlos“, „entwürdigend“, „respektlos“ oder „aufdringlich“ erscheint, aber zur gleichen Zeit wird in der Karnevalisierung auch als heilig erkannt, was in Arbeit und Alltag als minderwertig oder belanglos erscheinen muss, zum Beispiel der Mensch, der nichts einbringt, der marginalisierte Mensch, der etwa bei Schlingensief Teil haben kann an einem Prozess der Selbstermächtigung). Dabei ist die Karnevalisierung übrigens keineswegs antireligiös und heidnisch nur vom Dogma aus gesehen. Karneval ist eine Einladung an die Götter, an die Ahnen, an die Dämonen und an den Tod, zum Mittanzen.

Kurzum: Ein erster, registrierende Blick auf die Kunst von Christoph Schlingensief sagt: Dies ist Karnevalisierung in ihrer ursprünglichen Form, nämlich als Reflex auf Unterdrückung und Heuchelei, auf ein Auseinanderfallen von Herrschaft und Ordnung, von Ordnung und Recht, von Recht und Gerechtigkeit, von Sprache und Gesprochenem, von Abbild und Sinnbild, von Preis und Wert usw. Karnevalisierung der Kunst in diesem Zusammenhang ist das Gegenteil von einer Kraft, die eine wohl geordnete Welt durcheinander bringen will, es ist vielmehr ein Versuch, in eine durcheinander gebrachte Welt eine verlorene Ordnung zurück zu bringen. Keine Ordnung des Diskurses, keine Ordnung der Idee, keine Ordnung der Form, sondern eine scheinbar viel einfachere Ordnung, die Ordnung des Erkennens. Karnevalisierung ist ein Versuch, eine Welt zum Selbstausdruck zu zwingen, deren Bewohner die Kunst von Betrug und Selbstbetrug perfekt beherrschen. Wenn es in „7 Tage Notruf für Deutschland“ beispielsweise den Text „Wir wollen trauern, trauern, trauern, bis die Welt sich nicht mehr dreht“ als karnevalisierten Pop-Song gibt, dann nicht, weil die Trauer nicht echt ist, sondern weil die Echtheit nicht echt ist.

Die Gefahren der Karnevalisierung von Kunst und Politik liegen auf der Hand. Da lauern auf der einen Seite die Peinlichkeit, oder auch die kindliche Naivität, das, was das Feuilleton der ZEIT dann „Geblödel“ nennt, und am schlimmsten ist das leichte Branding: Provokateur vom Dienst, und ewiges enfant terrible, Spaß- und Krawallmacher hat man Schlingensief genannt, der „Schocker“ schrieb die B.Z., den „Allergiker“ steuerte der Spiegel bei, und die Süddeutsche nannte ihn den „Erben der Guldenburgs“ was ich ehrlich gesagt nie verstanden habe, erst recht nicht nach Ansehen der bescheuerten Reichen-Soap Opera des deutschen Fernsehens, zum „patentierten Amokläufer der Film-, Theater- und Kunstszene“ und zum „Spaß-Guerillero“ brachte er es beim Tagesspiegel. Es scheint eine Strategie der Verkennung hinter all dem zu lauern, in der das, was Schlingensief der Gesellschaft zumutet, zur Lausbüberei oder eben zum Dosenbier-Gestus des Punk heruntergestuft ist.

Da lauert die Vereinnahmung, das Hofnarren-Syndrom einer Politik, die sich schneller selber karnevalisiert als es das Theater zum Beispiel je könnte, und da lauert die Umarmung des repressiven Liberalismus einer Kultur, die noch so ziemlich alles verdaut hat. Diese Gefahren sind dem Künstler – und uns Schlingensiefianern – durchaus bewusst. Aber diese Karnevalisierungen sind ja immer grimmige Übernahmen (Stichwort Tapferkeit), man muss sie durchstehen (Stichwort Konsequenz), und man muss mit der eigenen Verblüffung leben, darüber was die Übernahme immer wieder zu Tage fördert (Stichwort Reflexion), zum Beispiel anhand der Frage einer Kollegin: „Wie schafft es der Schlingensief mit solchen Nullaktionen, die Menschen aufzuregen und dass sie ihr Gesicht zeigen? Und sie antwortet mal vorsichtshalber: „Wahrscheinlich weiß er es selber nicht genau“. Und ich behaupte dagegen: Das kann man wissen, wenn man es denn wissen will. Denn was radikale Karnevalisierung scheinbar überraschenderweise absolut nicht zulässt, das sind Zynismus, Kompromiss und, scheinbar paradoxerweise, soziale Maskerade.

Übrigens heißt das ganz und gar nicht, dass es nicht das umwerfend Komische in Schlingensiefs Arbeiten gäbe. Als er wegen seines „Tötet Helmut Kohl“ – Plakats auf der documenta in Kassel verhaftet und in Handschellen abgeführt wurde, beschrieb er detailreich die Geschehnisse nach dem Aufruhr: „Der Ton war dann auch versöhnlicher: Wir müssen schließlich handeln, wenn sich die Bevölkerung beschwert. Der Kaffeehausbesitzer von nebenan soll sich beschwert haben und eine alte Dame, die mal rein kam und sagte, wir sollten leiser machen. „Sie müssen mich auch verstehn“, sagte mir der Beamte, „ich muss an meine Familie denken“. Da habe ich gesagt: „Ich hätte auch gerne Familie“. Das war’s dann eigentlich. Dann kamen wir raus, da war die documenta – Leitung da, Presse, einige Leute, die vom Ausstellungsgebäude rüber gelaufen waren und holten uns da vor dem Revier ab. Das war wie Bilder vergangener Zeiten. Ich hatte so was immer versucht, ein Popstar zu werden, bei ‚Kühnen 94’ ein Neonazi-Popstar, bei ‚Rocky Dutschke’ wollte ich die Kulturrevolution sein, dann ein Talkshow-Popstar, und nie hat es geklappt. Und nun schenkt mir die Polizei so einen Moment“. Und dann heißt es noch „Wir wollten eigentlich beweisen, dass Kunst keine Funktion mehr hat. Und jetzt sind wir von der Welt enttäuscht, dass sie nun doch eine hat“.

Und was für eine!

Christoph Schlingensiefs Kunst ist gleichsam ernsthaft karnevalisiert. Es ist nicht die Kunst, die sich karnevalistisch genießen ließe, sondern umgekehrt jene Kunst, die mit der karnevalisierten Befreiung ernst macht. Und eben als Karneval kann man in der Kunst erkennen, wie sehr das Leben von Inszenierung geprägt ist, und wie sehr sich in Inszenierungen das Leben zeigt. Die einzige Voraussetzung: Man muss das aushalten. Man muss das aushalten als Künstler, das einem die Inszenierung ins Leben entkommt, dass einem das Leben in die Inszenierung pfuscht, und man muss das aushalten als Adressat, dass man nicht drum herum kommt, Teil der Inszenierung oder eben des Lebens von Christoph Schlingensief zu werden, oder einen Christoph Schlingensief in die Welt- Erkenntnis geholt zu haben, den man so schnell nicht wieder loswird. Und Aushalten kann man das nur, weil das Scheitern ein Teil der Abmachungen ist. Ich-Sagen nämlich, deswegen können es immer weniger Menschen, kann man nur lernen, wenn man mit der Möglichkeit des Scheiterns lebt. Ein Ich, das nicht scheitern kann, ist schon verloren.

Daraus entstand eine Kunst, auch jenseits der Punk-Wurzeln, die sich einmischt. Das ist mehr als traditionell politische Kunst sagt, in der man möglicherweise die Gesellschaft analysiert, ihr einen Spiegel vorhält, ihre Repräsentanten zur Kenntlichkeit verzerrt, entlarvt, demaskiert,  Kunst, die Stellung bezieht, parteiisch ist, sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst ist, und wie die entsprechenden Floskeln alle lauten. Die Kunst des Einmischens steuert stets einen Punkt an, an dem das Abbilden und Erzählen in ein konkretes soziales Geschehen mündet.

Der Schlüssel dazu scheint mir in einer Antwort zu liegen, die Christoph Schlingensief auf eine gewundene, durchaus nicht törichte Frage eines Journalisten nach Bedingungen und Problemen seiner Inszenierung gab. Diese Antwort lautete: „Ich mache es einfach“. Ich glaube, besser kann man die Selbstermächtigung einer Kunst nicht ausdrücken, die sich nicht transzendental, nicht mythisch und nicht psychologisch erklären will, sondern aus der Beziehung des sich seiner selbst bewussten Subjekts zur Gesellschaft, als in diesem „Ich mache es einfach“.

Wie die meisten Schlüsselsätze für eine künstlerische Strategie kann man auch diesen durch eine kleine Akzentverschiebung neu ausloten. Dann lautet der Satz nicht mehr „Ich mache es einfach“, sondern er lautet „Ich mache es einfach“.

Damit ist, glaube ich, nicht gemeint, dass die Kunst Dinge vereinfachen würde. Dafür haben wir ja das Fernsehen. Es geht vielmehr darum, die Dinge auf ihren Kern zu reduzieren. An einer Sache, egal ob es ein Film ist, ein Bild, eine theatralische Inszenierung, ein öffentlicher Auftritt, eine Talk Show, ein Bauwerk, einfach alles weglassen was gelogen ist. Dann eben redet man in einer Talk Show nicht weiter, wenn einem nichts mehr einfällt, so wie wir es gewohnt sind, sondern man schweigt, oder man spricht darüber, dass einem nichts einfällt. Und auch Christoph Schlingensiefs Filmfiguren, die zugegebenermaßen zur körperlichen und verbalen Hyperaktivität tendieren, tun im Zweifelsfall lieber einmal nichts als sich für eine konventionelle Zeitfüllung herzugeben. Dazu noch ein Schlüsselsatz: „Ich will das Leben davon überzeugen, dass es zum größten Teil inszeniert ist, und das Theater, dass es ohne das Leben nicht aus kommt“. Auch das klingt zunächst einfacher als es vielleicht ist.

Vielleicht sind wir auf diese Weise noch einmal zu Theodor W. Adornos einschüchterndem Donnersatz gelangt. Es gibt kein richtiges Leben im falschen. Und unsere Verzweiflungsschreie „Ja, wo denn sonst?“ verhallten ungehört. Doch ein bisschen Quellenstudium hilft da weiter. In der ursprünglichen Version hieß der Satz nämlich weniger suizidal: „Man kann nicht privat richtig leben wenn man gesellschaftlich falsch lebt“. Das ist immer noch ein Donnersatz, zumal in einer Kultur wie der unseren, in der es eine lange Tradition dazu gibt, vor der falschen Politik ins richtige Privatleben zu fliehen, ebenso wie vor der falschen Familie in die richtige Politik. Aber es ist nun ein Satz, mit dem man leben und arbeiten kann. Ich kann die Arbeit meines idealen Künstlers zur Zeit, ich kann die Kunst von Christoph Schlingensief als sehr praktische Antwort auf dieses Diktum verstehen: Es geht darum, die Mauern einzureißen, hinter denen man sich zwischen richtiger Illusion und falscher Wirklichkeit, oder eben umgekehrt, zwischen Inszenierung und Leben verbergen will.

Hier übrigens scheint mir durchaus eine Beziehung zwischen dem Namenspatron des Preises, Helmut Käutner, und dem Preisträger Christoph Schlingensief zu liegen, so gewagt der Sprung zwischen beiden auch erscheinen mag. Einmal davon abgesehen, dass es sich bei beiden um liebenswerte Menschen handelt, was in diesem Metier, in dem es immer auch um Machtkämpfe, um Durchsetzung und Hybris geht, alles andere als selbstverständlich ist, so handelt es sich bei beiden wohl um angewandte, pragmatische Humanisten, die, wenn es darauf ankommt, ihre Kunst auf die Seite der Menschen stellen. Nicht der Menschheit, nicht einmal der Kunst: Die Kunst des Humanismus geht davon aus, dass es, wenn es um die Rettung des einzelnen Menschen geht, letztlich auf die Kunst nicht mehr ankommt.

Die Antwort auf den Widerspruch zwischen Kunst und Leben liegt zuerst einmal in einem für den Künstler Schlingensief signifikanten Gespür für den Ort. Alles was er tut, findet an einem bestimmten, dem genau richtigen Ort statt, und umgekehrt ist alles, was er tut, auch eine Erforschung des Ortes. In der Dialektik zwischen Inszenierung und Leben nämlich kommt dem Ort eine besondere Bedeutung zu. Genau hier ist das Richtige im Falschen, und das Falsche im Richtigen. Tapferkeit, Konsequenz und Reflexion, Musikalität, Visualität und Literarität benötigen und erschaffen den Ort, um zueinander zu kommen. Und daher also gibt es eine weitere Definition dieser Kunst: Nach der Kunst des Ich- Sagens, nach der Kunst des Richtigen im Falschen ist es die Kunst des Ortes. Und immer steckt in Schlingensiefs Installationen auch das Religiöse, das Schamanische, das Magische, das aus der Örtlichkeit entsteht. Das Aussprechen einer Sache ist hier ein durchaus heiliger Akt, das Erzeugen wie das Vernichten eines Bildes ein Akt einer neuen Heiligung. Man kann das, materialistisch betrachtet, einfach eine ästhetische Methode nennen. Vielleicht ist es aber auch eine Reaktion auf den Umstand, dass uns die Dinge umso fremder geworden sind, je näher liegend sie scheinen.

Also noch ein Schlüsselsatz von Christoph Schlingensief: „Kunst wird erst dann interessant, wenn wir vor irgend etwas stehen, das wir nicht restlos erklären können.“ Es ist also eine politische Kunst mit offenem Ausgang, eine Kunst, die sich ganz gewiss keiner Ideologie zum Komplizen eignet. Und so mag das große Projekt dass wir dem idealen Künstler zur Zeit verdanken, auch darin bestehen, der Kunst selber einen neuen Ort zu verschaffen. Dort, wo sie überrascht zur Kenntnis nimmt, dass sie nicht nur bedeutend, sondern sogar notwendig ist.

Meine ideale Kunst zur Zeit verzichtet darauf, perfekt, geschlossen und harmonisch zu sein. Sie ist dagegen dringend notwendig. Sie will uns herausführen aus einer selbst verschuldeten Lähmung. Sie kann uns lehren, am richtigen Ort Ich zu sagen, und das Spiel von Profanierung und Heiligung nicht nach den allgemeinen Regeln, sondern aus freien Stücken aufzunehmen. Eine Kunst wie die von Christoph Schlingensief ermächtigt nicht nur den Künstler, sie ermächtigt den Menschen gegen die Mikro- und Makrophysik der Macht. Sie beantwortet die Frage: „Sind wir noch da?“ Oder wenigstens stellt sie diese notwendigste aller Fragen. Und allein dafür, wenn nicht ganz nebenbei auch noch eine Menge Schönheit im Spiel wäre, gebührt Christoph Schlingensief noch mehr als ein Preis: Nämlich unsere genaue Aufmerksamkeit, unser Hinschauen und Hinhören. So ein Preis freilich ist dann eine Rückmeldung, dass wir etwas verstanden haben von der Notwendigkeit und von der Schönheit dieser Kunst.

02.03.2010

Bilder: http://www.duesseldorf.de


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