Diane Keaton in „Manhattan“, Mia Farrow in „The Purple Rose of Cairo“, Julia Roberts in „Alle sagen: I love You“, Cate Blanchett in „Blue Jasmin“ und und und. Woody Allens schönste Filmfiguren sind Frauen, gespielt von berühmten Schauspielerinnen. In „Wonder Wheel“ hat er nun erstmals Kate Winslet inszeniert.
Und auch sie darf glänzen. Eben noch von elfengleicher Zerbrechlichkeit strahlt sie im nächsten Moment eine feste Bodenhaftung aus, ist mal Göre, dann Lady, tanzt sozusagen zwischen Himmel und Hölle. Die Story allerdings, deren Zentrum sie ist, überzeugt kaum. Woody lässt mal wieder sein schon so oft angeworfenes Karussell der Beziehungs-Neurosen trudeln. Altbacken mutet das an, und das nicht, weil die Handlung in den 1950er Jahren angesiedelt ist.
Der New Yorker Stadtteil Brooklyn war damals berühmt für den Vergnügungspark von Coney Island. Das Riesenrad, das „Wonder Wheel“, der Badestrand, viele Buden und unzählige andere Attraktionen locken. Hier schillern flüchtige Träume von Weite und Weltläufigkeit. Die Erzählung allerdings dreht sich um jene, die in Coney Island mühsam versuchen, ihren Lebensunterhalt zu sichern. Da ist zum Beispiel Mickey (Justin Timberlake), der Bademeister, dessen Sex Appeal nach Palmolive Seife riecht. Da ist der Karussell-Betreiber Humpty (James Belushi), ein trockener Alkoholiker, der sich schon längst keinen Illusionen vom Aufstieg auf der Karriereleiter mehr hingibt. Und da ist seine Frau, Ginny (Kate Winslet), die Kellnerin mit kurzer Vergangenheit als Schauspielerin, die sich und ihre Hoffnungen noch nicht ganz aufgegeben hat. Was sie schnurstracks in die Arme von Mickey treibt. Womit ein erstes Konfliktchen etabliert ist. Ein weiteres ergibt sich daraus, dass die so junge wie undurchsichtige Carolina (Juno Temple) auftaucht. Sie ist auf der Flucht vor Profikillern, weil sie dem FBI ein paar Informationen zu ihrem Gatten, einem Gangsterboss, geliefert hat. Und sie ist Humptys Tochter aus dessen erster Ehe, Ginny also ihre Stiefmutter. Deren kleine momentane Seligkeit Carolina torpediert. Denn sie schnappt sich Mickey. Woraus sich einige Späße ergeben, die im besten Fall rabenschwarze Pointen haben. Das aber ist selten. Meist plätschert der Witz nur eben gerade so vor sich hin.
Die banale Geschichte wird von Dialogen getragen, die einem oft sehr bekannt vorkommen. Der jetzt 82jährige Altmeister der Komödienkunst kopiert sich selbst. Immerhin: Kate Winslet begeistert. Ihre Darstellung einer lebenshungrigen Frau, nicht mehr ganz jung, noch lang nicht alt, hat einen satten Zauber. Gelungen ist zudem die visuelle Gestaltung. Der bereits drei Mal mit dem „Oscar“ ausgezeichnete Italiener Vittorio Storaro lässt in Zusammenarbeit mit Ausstatter Santo Loquasto und Kostümbildnerin Suzy Benzinger die Schein-Welt von gestern in schönstem Kirmeslicht erstrahlen. Er hat Bilder von einer Größe geschaffen, die es so nur im Kino gibt: bigger than life. Leider halten Drehbuch und Inszenierung nicht mit. Man hat das unangenehme Gefühl, eine seelenlose Nummernrevue zu sehen. Enttäuschend.
Peter Claus
Bilder: © Amazon Studios
Wonder Wheel von Woody Allen – Ausschnitt Filmplakat
Wonder Wheel, von Woody Allen (USA 2017)
- „Rosenmontag For Future“ Oder: Lachen schult das freie Denken - 9. Februar 2020
- Thilo Wydra: Hitchcock´s Blondes - 15. Dezember 2019
- Junges Schauspiel am D’haus: „Antigone“ von Sophokles - 10. November 2019
Schreibe einen Kommentar