Lachen und Weinen liegen bekanntlich oft dicht beieinander. Ein alter Hut. Den allerdings hat Justine Triet frisch aufgeputzt. Und das sehr einfallsreich.
Die Titel„Heldin“ ist eine Frau, die, glaubt sie und macht es viele andere glauben, einfach alles kann und alles zur selben Zeit: tolle Mutter, erstklassige Business-Woman, gute Freundin, stets schön und gelassen. Ihr Pech: es stimmt nicht. Alles nur Selbstbetrug. Der wird nun nicht rasch-rasch, kalauernd, pointensicher auseinandergenommen. Die bitter-süße Komödie lässt die nicht mehr ganz junge Frau einen steinigen Weg zurücklegen, ehe sie kapiert, wie es um sie bestellt ist. Das ist fürs Publikum unterhaltsam und, im besten Sinne, lehrreich.
Hauptdarstellerin Virginie Efira erreicht in ihrem Spiel ein ungewöhnliches Maß an Authentizität. Wie jüngst in „Mein ziemlich kleiner Freund“, so überzeugt sie auch hier als Charakterkomikerin. Sie gibt der Persönlichkeit der von den eigenen Idealvorstellungen gehetzten Victoria bravourös Format, porträtiert eine Persönlichkeit voller Stärken und Schwächen. Ob dünnhäutig und verletzlich, polternd und unsensibel, souverän oder unbeholfen – Victoria scheint immer sie selbst zu sein. Es ist faszinierend, wie die Schauspielerin die keineswegs immer angenehm anmutende Frau zur Sympathieträgerin werden lässt.
Hübscher Gag, der für Spannung sorgt, der auch aus der Mottenkiste des Boulevards stammt, hier aber prächtig funktioniert: Victoria kapiert als letzte, lange, lange nach den Zuschauern, dass sie grad in eine vielversprechende Lovestory gestolpert ist. Da darf dann auch mal geseufzt werden.
Regisseurin Justine Triet setzt eher auf leisen denn lauten Witz. Da hat dann auch Virginie Efiras Partner Vincent Lacoste Gelegenheit zu einigen wirkungsvollen Momenten. Er spielt Sam, den im Vergleich zu Victoria geradezu jugendlichen Babysitter für ihre zwei kleinen Töchter. Der Mittzwanziger entpuppt sich als sensibler Mann. Als männlicher Kinobesucher fragt man sich, ob man selbst auch nur ein bisschen an sein Format heran reicht. Man wünscht es sich. Nun ja, im Kino darf Mann ja auch mal träumen.
Peter Claus
Bilder: © Alamode Film
Victoria – Männer & andere Missgeschicke, von Justine Triet (Frankreich 2017)
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