Auf der diesjährigen Berlinale war dies der erste Wettbewerbsbeitrag. Und die Festivalgemeinde war sich einig: der Film wird nicht ohne Preis nachhause gehen. So kam’s denn auch. Es gab die Auszeichnung als „Bester Erstlingsfilm“ und für die für den Hauptdarsteller Majd Mastoura als besten Schauspieler.
Die Story mutet klein an: Hedi, Mitte zwanzig, kurz vor der Hochzeit, muss aus beruflichen Gründen für einige Zeit in eine Stadt am Meer. Er wohnt im Hotel. Dort verliebt er sich in eine Animateurin. Was nun?
Die Frage sorgt für Spannung, die am Ende originell eingelöst wird. Wesentlicher: Hedis Geschichte wird – und das völlig unaufdringlich – zum Spiegel der tunesischen Gesellschaft nach dem so genannten arabischen Frühling. An den wird mal kurz in einem Dialog erinnert, wie an ein Traumgespinst. Doch sonst: Tristesse. Das Leben dümpelt vor sich hin. Die Tradition hat die Moderne im Würgegriff.
Besonders anregend ist es, zu beobachten, wie Hedi von den Frauen dirigiert, auch klug beraten, gelegentlich manipuliert wird. Sie haben das Sagen. Ob Mutter, Verlobte oder Geliebte: die Frauen wirken stark und autark. Da wird offenkundig viel Alltag reflektiert. Rasch wird einem wieder einmal klar, wie dumm die in Europa gehegte Vorstellung ist, westliche Lebensmuster auf Arabien übertragen zu wollen. Erlösung von außen gibt es nicht. Veränderungen müssen von innen ausgelöst werden. Hedi, die Hauptfigur, sehnt sich danach. Er ist noch nicht in der Lage, sie selbst herbeizuführen. Als Zuschauer teilt man mit ihm die Hoffnung, dass dies Vertretern von nachfolgenden Generationen gelingt.
Der „kleine“ Film hat ein erstaunliches Gewicht!
Peter Claus
Bilder: © Nomadis Images
Hedis Hochzeit, von Mohamed Ben Attia (Tunesien/ Belgien/ Frankreich 2016)
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