Gerade erst hat „Spotlight“ gezeigt, welche Kraft ein Film über die Arbeit von Journalisten haben kann. James Vanderbilt, bisher als Drehbuchautor bekannt, etwa „The Amazing Spider-Man“, kann da nicht mithalten. Sein Film wirkt im Vergleich mit „Spotlight“ überaus flach.
Die schmale Wirkung hat sicher damit zu tun, dass ein eher mittelmäßiges Ereignis die Handlung anstößt: 2004, während des Wahlkampfes, bekommt ein TV-Team heraus, dass der – durch die Macht seiner Familie (und deren Geld) – wieder kandidierende Präsidentschaftskandidat George W. Bush ein Drückeberger bei der Armee war. (Wofür Leute, die der Armee ohnehin ablehnend gegenüber stehen, ja sogar Verständnis aufbringen dürften.) Ein Team des CBS-Nachrichtenmagazins „60 minutes“ bekommt Hinweise, recherchiert, und lässt die Bombe platzen. Was dazu führt, dass die Journalisten ins Kreuzfeuer geraten, wird ihnen doch vorgeworfen, gefälschte Beweise vorzuführen …
Wen interessiert das heute noch? Bush ist längst Geschichte, die beleuchtete Episode seines Lebens heute nicht mehr von wirklichem Gewicht. Was von Gewicht sein könnte, nämlich wie Macht und Money die Wahrheitsfindung behindern wollen, wenn sie es für notwendig halten, wird nur am Rande beleuchtet. Dazu kommt, dass die Figuren ungemein oberflächlich gezeichnet worden sind. Selbst erstklassige Schauspieler, wie Cate Blanchett, Robert Redford und Dennis Quaid hatten von vornherein keine Chance, glaubwürdige Charaktere zu gestalten. Man sieht Pappkameraden.
James Vanderbilt konzentriert sich auf die Schilderung der Arbeit von Journalisten. Da hat er offenbar gut recherchiert. Die Abläufe wirken exakt eingefangen, glaubwürdig. Doch zu wenig weist darüber hinaus. Und noch etwas verdirbt einem das Vergnügen: Der Film beruht auf einem Erinnerungsbuch der von Cate Blanchett gespielten TV-Produzentin Mary Mapes. Klar also, dass der Blick auf das Geschehen einseitig ist. In gewisser Weise mutet der Film gar eifernd an, woraus der Eindruck resultiert, nicht unbedingt einen Film zu sehen, der seinem Originaltitel „Truth“, „Wahrheit“, gerecht wird.
Peter Claus
Bilder: © SquareOne / Universum
Der Moment der Wahrheit, von James Vanderbilt (USA 2015)
- „Rosenmontag For Future“ Oder: Lachen schult das freie Denken - 9. Februar 2020
- Thilo Wydra: Hitchcock´s Blondes - 15. Dezember 2019
- Junges Schauspiel am D’haus: „Antigone“ von Sophokles - 10. November 2019
Schreibe einen Kommentar