Das Spielfilm-Debüt des Autors und Regisseurs Ansgar Ahlers will komödiantisch unterhalten. Dies allerdings abseits abgetretener Erzählpfade. Keine Schmuddelwitze, keine 08 /15-Story.
Hauptfigur ist der pensionierte Musiklehrer Martin (Edgar Selge). Daheim, in Bückeburg, kommt er mit seiner akademischen Art des Musizierens nicht mehr an. Die Organisatoren eines Bach-Festivals etwa lehnen seine Mitwirkung ab. Zu alt, zu unoriginell. Martin fühlt sich überflüssig. Da erfährt er, dass er von seinem einst nach Brasilien ausgewanderten Schulfreund die Original-Abschrift eines Notenblattes von Johann Sebastian Bach, angefertigt von dessen jüngstem Sohn, Johann Christian Bach, dem sogenannten Bückeburger-Bach, geerbt hat. Der Haken: Martin muss das Erbe in Brasilien persönlich abholen. Unwillig macht sich der Kauz auf den Weg. Schnell soll es gehen. Doch es kommt anders. Die Umstände zwingen ihn, länger in Brasilien zu bleiben und dort Jugendlichen in einer Strafanstalt Musikunterricht zu geben. Dabei gewinnt er nicht nur einen für ihn völlig neuen Zugang zur Musik. Er entdeckt auch eine ganz andere Art zu leben. Und es gelingt ihm schließlich sogar, das Festival daheim in Deutschland aufzumischen …>
Wie erfreulich: eine deutsche Kino-Komödie ohne schenkelklopfenden Humor und ohne Gags unterhalb der Gürtellinie, ohne Boy-meets-Girl-Schnickschnack. Schon allein das nimmt für den Film ein. Dazu gefällt, wie Ahlers unaufdringlich über den Wert von Kunst, klassische Musik in diesem Fall, nachdenkt. Die kleine Geschichte macht obendrein, so ganz nebenbei, deutlich, dass der Wert des Menschen nicht allein durch messbare Leistung, durch Profit, definiert wird. Zudem bietet Edgar Selge schauspielerisch ein Fest. In Emden, beim kleinen, feinen Filmfestival, gab’s dafür den Publikumspreis.
Ganz klar: Das Debüt wird nicht in die Filmgeschichte eingehen. Es ist kein Meisterwerk zu bestaunen. Der Film ist das, was vor Jahrzehnten mal als „Unterhaltung mit Anspruch“ gehandelt wurde, nach dem Ende von „Papas Kino“ hierzulande weithin geschmäht. Leider. Es ist mutig, wieder einmal so etwas anzubieten. Da rundum solide und mit spürbarem Engagement realisiert, ist der Film eine einzige Freude. Für Liebhaber klassischer Musik gibt’s dazu die schöne Erfahrung, dass die Kunst eines Johann Sebastian Bach nichts an Wirkung eingebüßt hat – und für einige Überraschungen gut ist.
Peter Claus
© NFP marketing & distribution
Bach in Brazil, von Ansgar Ahlers (Deutschland / Brasilien 2015)
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