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Der exzessive Nihilist

Der britische Maler Francis Bacon zählt zu den berühmtesten Künstlern des 20. Jahrhunderts und ist doch ein Unbekannter. Seine Werke sind sofort als solche erkennbar und erzielen auf dem Kunstmarkt Höchstpreise. Doch dabei bleiben Bacons Bilder verzerrter und verwischter Köpfe und deformierter und blutender Leiber zutiefst rätselhaft. – Obwohl sich dieses Werk einer einfachen Deutung verweigert, fallen in Zusammenhang mit seinen zumeist großformatigen Ölbildern wie geschlachtet wirkender Körper immer wieder Worte, wie Gewalt und Schrecken.

Francis Bacon selbst sagt in einem Interview, dass er die düstere Sichtweise auf sein Werk selbst nicht nachvollziehen könne. Denn nichts sei gewalttätiger, als das Leben an sich. – Dies ist einer der vielen prägnanten Sätze, die der Künstler in Adam Lows Dokumentation „Francis Bacon – Form und Exzess“ von sich gibt. Was frappiert ist auch die Tatsache, dass dieser Mann mit dem so verlebten Gesicht ausnahmslos druckreife Sätze von sich gibt, die das Zeugnis eines messerscharfen Verstandes sind.

In dem Film verweigert Bacon jeden tieferen Sinn in seine Werke hineinzulesen und macht sich über die zahllosen Versuche dies zu tun mit der ihm eigenen Eloquenz und im Unterton sarkastische Weise lustig. Überhaupt spricht Bacon dem Leben jeden tieferen Sinn ab und bezeichnet seine Malerei als seine Weise sich innerhalb dieser Sinnlosigkeit beschäftigt zu halten. Genau damit entpuppt er sich als ein malender Existenzialist. Seine deformierten und verstümmelten Körper und die unzähligen schreienden Gesichter zeugen von einem existentiellen Grauen angesichts der Geworfenheit in eine kalte sinnfreie Welt.

In seinen Äußerungen zeigt sich der britische Künstler durchgehend als ein äußerst klarer Denker mit einer umfangreichen Bildung und philosophischen Tiefgang. Doch sein verlebtes Gesicht ist ebenso eindringlich und wahr. Es kündet von Bacons unsteten Leben an wechselnden Orten, mit verschiedenen Liebhabern und von seinem Hang zum Alkohol und zur Spielsucht. In seiner Person vereinigen sich ein exzessiver Hedonismus und eine rigorose Arbeitsdisziplin, höchste Leidenschaft und eiskalte intellektuelle Analyse. Diese Komplexität verleihen ihm trotz seiner eher unscheinbaren Erscheinung ein äußerst starkes Charisma und seinen Werken ihre einmalige Eindringlichkeit.

Adam Low, der zuvor bereits Portraits der beiden Filmemacher „Kurosawa“ (2001) und „Visconti“ (2002) geschaffen hatte, findet in „Francis Bacon – Form und Exzess“ (2005) eine adäquate Form für diese exzessive Künstlerpersönlichkeit. Der Film folgt einer klaren chronologischen Grundstruktur, die einen Überblick über die wichtigsten Stationen im Leben des unsteten Künstlers gibt. Dazwischen finden sich jedoch immer wieder eingeschoben Segmente sehr freier Assoziationen, die sich einem bestimmten Thema mehr über Bilder und über die Gefühlsebene näheren. Adam Low wird Francis Bacon auch in der Hinsicht gerecht, als dass er ein stimmiges Bild des Malers zeichnet, bei dem zugleich viele Fragen offen bleiben – so wie es auch bei Bacons Bildern der Fall ist.

Gregor Torinus

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Francis Bacon – Form und Exzess, von Adam Low (Großbritannien 2005)

auf DVD bei Salzgeber & Co. Medien GmbH

Bilder: Salzgeber