Benoît Jacquots romantisches Drama (oder ist’s eher eine dramatische Romanze) gehörte zu den schönen Wettbewerbsüberraschungen des letzten Filmfestivals in Venedig. Dabei lässt die Story, in Stichworten skizziert, nichts Gutes erwarten: Mann, nicht mehr wirklich jung, verguckt sich in fremde Schöne und sie sich in ihn. Doch das geplante nächste Treffen kommt nicht zustande. Er nimmt sich eine andere, die entpuppt sich als Schwester der eigentlich Geliebten, und schon wird’s brenzlig …
Regisseur Benoît Jacquot, der gemeinsam mit Julien Boivent das Drehbuch geschrieben hat, verwandelt das Nichts an Geschichte mit einem exzellenten Schauspieler-Team in ein wahres Kino-Kleinod. Benoît Poelvoorde zündet als Finanzamtsbeamter ein Feuerwerk an Komödiantik der leisen Art, zeichnet mit feinen Mitteln das Porträt eines gebeutelten Typs, der dem Glück nie recht traut, und der es dann gleich doppelt und dreifach bändigen möchte. Charlotte Gainsbourg ist Sylvie, die Fremde, die er zufällig kennenlernt, Chiara Mastroianni die dann geheiratete Schwester Sophie und als beider Mutter brilliert Catherine Deneuve.
Deneuve gehört denn auch die Schlüsselszene des Films: Wir sehen sie im Nachgewand und mit Puschen – und sie strahl eine Erotik aus, die schlicht umwerfend ist. Darum nämlich geht’s: um den Reiz, den Zauber, des Banalen, die Schönheit, die in ganz Alltäglichem liegen kann.
Man denkt an Truffaut, Rohmer und all die anderen großen Plauderer des französischen Kinos. Den Zickzackkurs der Gefühle verfolgt Benoît Jacquot mit so viel guter Laune, dass man nicht anders kann, als das Kino beschwingt zu verlassen. Seine Akteure hat er dabei zu Höchstleistungen geführt. Niemand überzieht – weder ins Groteske, noch ins Dramatische. Und dennoch, oder gerade deshalb, sind wirklich alle Höhen und Tiefen der Liebe geradezu greifbar. Wobei, klar bei der Konstellation, die Tiefen lange Zeit den Ton angeben. Was nicht sentimental ist. Auch im Dunklen herrscht ein leichter Ton, der die Figuren in aller Skurrilität zeigt, ohne sich über sie lustig zu machen. Das macht den Franzosen keiner nach!
Peter Claus
Bild: Wild Bunch (Central)
Drei Herzen, von Benoît Jacquot (Frankreich / Belgien / Deutschland 2014)
- „Rosenmontag For Future“ Oder: Lachen schult das freie Denken - 9. Februar 2020
- Thilo Wydra: Hitchcock´s Blondes - 15. Dezember 2019
- Junges Schauspiel am D’haus: „Antigone“ von Sophokles - 10. November 2019
Schreibe einen Kommentar