Einer dieser leisen Filme, von denen es viel zu wenige gibt.
Regisseurin Alice Rohrwacher spiegelt das Leben der 14-jährigen Gelsomina (Maria Alexandra Lunge). Ein Mädchen vom Lande. Wer denkt bei dem Namen Gelsomina nicht an Feelings „La Straka“, ein Film, der vor sechs Jahrzehnten um die Welt gegangen ist. Die Assoziation ist berechtigt. Auch diese Gelsomina ist verletzlich, eine Träumerin, ein Mädchen zwischen dem Hier und dem Irgendwo.
Gelsomina lebt mit drei Schwestern, der Mama (Alba Rohrwacher) und dem Papa (Sam Louwyck). Die Familie lebt vom Verkauf selbstgemachten Honigs. Reich macht der nicht. Man kommt durch. Doch Gelsomina hofft auf Erfolg via Fernsehglück und meldet die Ihren bei der TV-Show „Land der Wunder“ an. Das löst einiges an Trubel und Entwicklungen aus – und führt schließlich dazu, dass sich das Leben Gelsominas und der Anderen tatsächlich stark verändert …
Das melancholische Märchen erweist sich als kraftstrotzender Protest gegen die Realität Italiens, geprägt noch immer von der Dummheit Berlusconis, der noch jeden Traum seiner Landsleute zu eigenem Vorteil verramscht hat. Das hat dem Film denn auch – völlig zu Recht – in Cannes den Großen Preis der Jury eingebracht.
Das ist auch schauspielerisch erste Sahne: Monica Bellucci spielte eine ihrer bisher besten Rollen überhaupt, sie verkörpert die skrupellose TV-Moderatorin Milly. Die ist ein absolutes Ebenbild Berlusconis, verspricht viel, hält nichts davon und wirtschaftet beharrlich in die eigene Tasche. Alice Rohrwacher verbindet die ländliche Tristesse keineswegs platt mit dem falschen Fernsehplunder. Sie setzt auf Phantasie. Da darf auch mal Übersinnliches passieren. Doch das führt nicht zu plattem Gutmenschen-Geschwafel. Ganz klar wird gezeigt: Die Verdrängung wirklicher Kultur durch brutale Profitjagd muss nicht sein. Es geht auch anders. Zum Beispiel mit einem Kamel in der Toskana. – Großes Kino!
Peter Claus
Land der Wunder, von Alice Rohrwacher (Italien, Deutschland 2014)
Bilder: Delphi
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