Komödien, die rassistischen Vorurteilen eine Abfuhr erteilen wollen stolpern oft über ein waberndes Menschen ins Abseits. Hier nun wird die Falle mit satirischem Witz umgangen und man darf als Zuschauer wirklich laufend prusten und lachen.
Das ABC der Toleranz wird irrwitzig durchdekliniert: das Ehepaar Verneuil, vor allem Monsieur Claude Verneuil, verzweifelt daran, dass sich seine Töchter Ehemänner nicht-französischer Herkunft nehmen. Drei des Quartetts sind schon unter der Haube, eine mit einem Asiaten, eine mit einem Mann aus Nahost, eine mit einem Araber. Keiner der Schwiegersöhne ist katholisch. Da geht die Sonne für die Eltern auf, als Tochter Nummer her berichtet, dass ihr Auserwählter ein braver Katholik sei. Doch der Himmel verdunkelt sich sehr, als der junge Mann vor den Eltern der Braut steht. Seine Wurzeln nämlich sind schwarzafrikanisch …
Der „Kampf der Kulturen“ darf sich austoben – mal brachial-schenkelklopfend, mal überaus feingeistig. Regisseur Philippe de Chauveron treibt die Auseinandersetzung um das komplizierte Miteinander von Menschen verschiedenster Herkunft gekonnt auf die Spitze überdrehter Komik. Einige Kritiker hierzulande werfen dem Film vor, dass er im upper-class-Milieu spiele. Was so gar nicht stimmt, denn lediglich die Eltern zählen zu den Gutbetuchten. Aber davon ganz abgesehen: Gerade das lässt einige Schärfe im Situations- und Wortwitz zu, die bei Protagonisten aus dem Proletariat schnell als Arroganz gut betuchter Künstler ausgelegt werden könnte. Außerdem sind die alten Verneuils mit ihren Vorurteilen (und verzweifelten Versuchen, diese zu überwinden oder doch wenigsten zu übertünchen) Vertreter des absoluten Durchschnitts in Europa. Grundhaltung: Jeder darf sein und aussehen und sich benehmen, wie’s ist, ABER soll mir bloß nicht auf die Pelle rücken. Sicher: die Diskussion um wirkliche und angebliche mitteleuropäische Werte hätte noch um einiges kraftvoller ausfallen dürfen. Aber auch schon so zündet der Witz nicht allein um des Witzes willen, sondern regt einiges Nachdenken an. Klug dabei: Der Film plädiert nicht für eine Nivellierung aller Kulturen, sondern dafür, die eigene zu leben und die andere schlichtweg zu akzeptieren, und sich im Idealfall gar von hier und da und dort das Passende für sich herauszupicken.
Peter Claus
Bilder: New Vision
Monsieur Claude und seine Töchter, von Philippe de Chauveron (Frankreich 2014)
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