Krankheit und Tod im Kino – da läuten alle Alarmglocken. Kitsch droht, zumal aus Hollywood. „Love Story“ und „Zeit der Zärtlichkeit“ und und und haben die Reflexe ausgebildet. Die dürfen wir angesichts der Adaption des Bestsellers „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ vergessen. Nichts da mit Sentimentalität. Leicht geht’s zu, geradezu leichtfüßig. Schon kurz nach dem Erscheinen 2012 wurde John Greens Roman über die 16-jährige Hazel und andere krebskranke Jugendliche ein Bestseller. Was vor allem der geradezu lakonischen, dabei keineswegs emotionslosen, jedoch nie sentimentalen Sprache zu danken ist. In Hollywood, wo’s gern mal tränenschwer wird, ist daraus nun ein feinsinniger und wahrhaftig anmutender Film geworden.
Der Film folgt der Vorlage recht genau. Erzählt wird von Hazel (Shailene Woodley). Sie hat Schilddrüsenkrebs. In ihrer Lunge wüten Metastasen. Hazel muss rund um die Uhr ein Sauerstoffgerät dabei haben. Während einer Reihe von Gruppentherapiesitzungen lernt sie den gleichaltrigen Augustus (Ansel Elgort) kennen. Ihm musste auf Grund eines Tumors ein Bein amputiert werden. Doch wie Hazel strotzt er nur so vor Lebensmut. Die zwei verlieben sich ineinander. Nach einer schweren Schicksalsprüfung, die das Paar gemeinsam durchsteht, wollen sie unbedingt nach Amsterdam. Denn dort lebt Hazels Lieblingsschriftsteller Peter Van Houten (Willem Dafoe). Es ist Hazels größter Wunsch, ihn zu treffen, hat er doch einen Roman geschrieben, der für sie so etwas wie die Bibel für gläubige Christen ist. Nicht nur Augustus zieht mit ihr an einem Strang. Auch Hazels Mutter (Laura Dern) unterstützt die scheinbar verrückte Idee. Zu dritt fliegen sie nach Europa. Das Abenteuer beginnt verheißungsvoll. Doch nicht alle Träume erfüllen sich. Vor allem der Traum von einem langen Miteinander von Hazel und Augustus hat kaum eine Chance, Wirklichkeit zu werden. Doch die lebenshungrigen Protagonisten geben nicht einfach so auf. Selbst als Gevatter Tod vorstellig wird, lassen sie in ihrer Energie und Phantasie nicht nach.
Regisseur Josh Boone und seinen zwei Drehbuchautoren ist es gelungen, den angenehm-leichten Ton der Vorlage in die Sprache des Kinos zu übertragen. Tränendrüsendrückerei bleibt vollkommen aus! Nicht das Leiden an Krankheiten bestimmt die Erzählung, sondern purer Lebenshunger. Als Zuschauer ist man sofort Verbündeter des jungen Liebespaares und wünscht den Beiden den Himmel auf Erden. Wie schon das Buch, so wirkt auch der Film so, als erzählten die jugendlichen Figuren selbst. Dabei mutet die Attitüde des Jungseins nie aufgesetzt oder angeschafft an, sondern vollkommen selbstverständlich und natürlich. Und die Geschichte ist in sich derart zwingend, dass man auch als Kinobesucher der Eltern- und Großelterngeneration mit den Helden mitfiebert. Dazu trägt selbstverständlich auch das durch Schlichtheit berührende Spiel der Hauptdarsteller entscheidend bei. Nie entsteht der Eindruck, etwas vorgeführt zu bekommen, durchweg glaubt man, wirklich Erlebtes zu sehen. Gewöhnungsbedürftig sind einzig die Kommentare Hazels auf dem off. Deren Witz, kalt wie Trockeneis, hat doch ein, zwei Mal etwas Ausgedachtes. Doch das verspielt sich. Shailene Woodley besticht als Hazel mit wuchtiger Präsenz. Meist ungeschminkt agierend, schenkt sie dem Mädchen an der Schwelle zum Erwachsensein ein schönes mitreißendes Selbstbewusstsein. Shailene Woodleys Darstellung der kompromisslos Liebenden sucht ihresgleichen. Auch Ansel Elgort fasziniert und fesselt mit völlig pathosfreiem Spiel und einem gerade durch seine Eckigkeit bezaubernden Frohsinn.
Selbstverständlich gibt es auch einige sehr traurige Szenen. Am Ende jedoch stellt man erstaunt fest, dass man nicht in tief seufzendem Mitleid versinkt. Man geht geradezu freudig nachhause, im Gepäck jede Menge Lust auf Leben!
Peter Claus
Das Schicksal ist ein mieser Verräter, von Josh Boone (USA 2014)
Bilder: © Twentieth Century Fox
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