Von einem Biopic erwartet wohl niemand eine ernst zu nehmende, wahrhaftige Auseinandersetzung mit einer Lebensgeschichte. Spielfilme über berühmte Persönlichkeiten sind in der Regel knallbunte Shows. Meist glorifizieren sie die Dargestellten. Derart schnöde, wie diese Märchenstunde um den berühmten Couturier YSL, war allerdings bisher selten ein Biopic.
Der langjährige Lebensgefährte der 2008 verstorbenen Schneiderkunstlegende hat den Film abgesegnet. Klar, dass Kritisches kaum vorkommt. In wunderschöne Bilder verpackt wird nun also ein bisschen vom Schneidern und vom Leben parliert und ein ganz kleines bisschen von Ängsten und Verwerfungen. Die Bilder sind todschick – und der ganze Film todlangweilig. Denn in den durchgestylten Tableaus lässt sich nicht ein Hauch Leben entdecken. Es ist wie im Wartezimmer beim Zahnarzt, wo man sich die Zeit mit dem Durchblättern von Hochglanzmagazinen vertreibt: kaum weggelegt, erinnert man sich nicht mehr an die Blättchen. Man erinnert sich in diesem Fall nicht einmal so recht an den Hauptdarsteller Pierre Niney, obwohl der ein wirklich guter Schauspieler ist. Doch die von ihm verkörperte Figur verschwindet rasch im Vergessen, weil der Film nichts Substantielles zu erzählen weiß.
Die Lovestory von Yves Saint-Laurent und Pierre Bergé wird nett dargeboten. Das wirklich Interessante, wie es nämlich gehen konnte, dass die beiden so verschiedenen Charakteren über Jahrzehnte einander verbunden blieben, das wird nicht beleuchtet, obwohl der Film schlaglichtartig durch die Zeit hastet. Und das ist es: es wird gehastet und gehetzt. Von Glitzermoment zu Glitzermoment. Nicht mal bei den Modeschauen, die naturgemäß gezeigt werden, lässt sich der Film Zeit und schenkt dem Zuschauer damit Muße zum Genuss. Und: keine der Figuren wird zum Charakter. Weil von Station zu Station gejagt, wird die Hauptperson zum Statisten, ja, zum Pappkameraden.
Im Herbst folgt der französische Spielfilm „Saint-Laurent“. Noch ein Film über unvergessenen Modeschöpfer. Film Nummer 2 wird als Arthouse-Projekt angekündigt. Das lässt darauf hoffen, dass eine packende Geschichte erzählt wird, in der handfeste Konflikte verhandelt werden und Charaktere mit Ecken und Kanten auftreten.
Peter Claus
Yves Saint-Laurent, von Jalil Lespert (Frankreich 2014)
Bilder: Universum Film
- „Rosenmontag For Future“ Oder: Lachen schult das freie Denken - 9. Februar 2020
- Thilo Wydra: Hitchcock´s Blondes - 15. Dezember 2019
- Junges Schauspiel am D’haus: „Antigone“ von Sophokles - 10. November 2019
Schreibe einen Kommentar