Erstaunlicherweise ist die Autorin Carmen L. Oliveira hierzulande nahezu unbekannt. Gut möglich, und zu hoffen (!), dass ihr in Brasilien und den USA vor einigen Jahren zum Bestseller avancierter Roman „Rare and Commonplace Flowers: The Story of Elizabeth Bishop and Lota De Macedo Soares“ nun endlich auch in deutscher Übersetzung erscheinen wird. Die gelungene Verfilmung können wir jetzt sehen.
In deren Zentrum steht die turbulente Lovestory von Elizabeth Bishop und Lota De Macedo Soares, eine Geschichte, die von Begabung, Ruhm und Erfolg erzählt, auch davon, dass es keine Garantie auf Glücklichsein geben kann. Der in seiner Heimat Brasilien (und darüber hinaus) sehr bekannte Regisseur Bruno Barreto näherte sich dem Roman feinfühlig, kürzte offenbar klug, konzentriert sich auf die Persönlichkeiten der Protagonistinnen. In Brasilien jedenfalls wurde ihm eine geschickte und wirkungsvolle Übertragung von Buch zu Film attestiert.
Im Zentrum steht die dramatische Geschichte des Miteinanders der US-amerikanischen Dichterin Elizabeth Bishop (Miranda Otto) und der brasilianischen Architektin Lota de Macedo Soares (Glória Pires). Die Zwei treffen 1951 aufeinander. Die Lyrikerin kommt nach Brasilien, um eine Schaffenskrise zu überwinden. Die Architektin, liiert mit einer anderen Frau (Tracy Middendorf), hat im ersten Moment kaum Interesse am Gegenüber. Doch es funkt. Und dann kommt es gleichsam zum Vulkanausbruch. Der nie gezügelt werden wird. Die folgenden, rund fünfzehn Jahre sind von einigen Hochs und sehr vielen Tiefs gekennzeichnet. Die beiden Frauen machen jeweils eine beachtliche Karriere. Elizabeth festigt ihren Ruhm mit einigen wichtigen Auszeichnungen, Lota verewigt sich im Entwurf des noch heute berühmten Viertels „Flamengo Park“ in Rio de Janeiro. Das Zusammensein jedoch wird schwieriger und schwieriger. Es kommt zu katastrophalen Entwicklungen.
Auffallend ist die ausgefeilte visuelle Gestaltung. Der Film erinnert in der Optik an Gemälde von Edward Hopper. Dessen farbintensive Bilder gelten als noch heute vielsagende Zeugnisse der zunehmenden Vereinsamung in der so genannten westlichen Welt in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Genauso wie Hoppers Bilder, strahlen auch die des Films in satter Schönheit. Doch es ist eine trügerische Schönheit, die nichts als Traurigkeit ausstrahlt. Das Hauptdarstellerinnen-Duo bewegt sich darin mit traumwandlerischer Sicherheit. Miranda Otto und Glória Pires gestalten den Überschwang der Emotionen und jeden Moment der Verzweiflung zu fesselnden Studien von Menschen, die sich selbst nicht wirklich lieben können, weshalb sie in der Liebe zu jemand anderem scheitern müssen. Das ist so spannend wie anrührend, der Taschentuchverbrauch im Kino könnte ansteigen. Wobei der Film nie auf Sentimentalität setzt. Probleme, wie Elizabeths Alkoholmissbrauch, werden krass gezeigt, so dass Kitsch keine Chance hat. Auch die Dialoge sind eher lakonisch.
Im Original heißt der Film, damit an ein populäres Gedicht von Elizabeth Bishop erinnernd, „A Arte de Perder“ („Über die Kunst des Verlierens“). Im Film heißt es: „Die Kunst des Verlierens studiert man täglich“. Der Film verschweigt nicht, dass selbst das tägliche Studium nichts gegen den mit jedem Verlust einhergehenden Schmerz ausrichten kann.
Peter Claus
Die Poetin, von Bruno Barreto (Brasilien 2012)
Bilder: Pandastorm (Neue Visionen)
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