Die IRA und die Folgen ihres Tuns waren schon oft Thema im Kino. Dieser Film nun ist besonders packend. Denn die Perspektive, aus der heraus er auf die IRA schaut, ist sehr besonders: im Zentrum steht eine IRA-Angehörige, die vom britischen Geheimdienst als Informantin ausgepresst wird.
Die Geschichte spielt zunächst in Belfast, vor vier Jahrzehnten, 1973. Die McVeighs haben den Tod eines der Ihren, eines kleinen Jungen, zu beklagen. Noch Jahre später macht sich Collette (Andrea Riseborough), die Schwester des Kleinen, Vorwürfe, hatte sie den Jungen doch zum Einkaufen geschickt und damit, vermeintlich, vor die Flinten der Briten. Collette „arbeitet“ als Attentäterin für die IRA. 1993 wird sie in London bei dem Versuch eines Bombenattentats verhaftet. Und sie wird vom Geheimdienst Ihrer Majestät dazu gebracht, die Ihren zu verraten. Agent Mac (Clive Owen) wird ihr Vertrauter. Doch kann sie ihm und kann er ihr wirklich vertrauen?
James Marsh hat seine Romanverfilmung mit Intelligenz und Gefühl geradezu aufgeheizt. Schwerpunkt seiner Erzählung ist nicht das, was geschieht, sondern warum. Und da wird schnell Erschütterndes klar: die IRA handelt längst „automatisch“. Man mordet halt im Namen der Freiheit – und weiß nicht mal mehr, welche Freiheit man meint. Davon wird so erzählt, dass sich Parallelen zu allen Formen von Fundamentalismus aufdrängen. Es fröstelt einen.
Dank der Inszenierung und der exzellenten Schauspieler ist der Spielfilm auch als Thriller aufregend. Der endet mit einem höchst verblüffenden Knalleffekt. Da erscheint vieles, was man längst abgehakt glaubte, plötzlich in neuem Licht. – Beste Unterhaltung, die weit über sich selbst hinausweist.
Peter Claus
Shadow Dancer, von James Marsh (Irland/ Großbritannien/ Frankreich 2012)
Bilder: Fugu
- „Rosenmontag For Future“ Oder: Lachen schult das freie Denken - 9. Februar 2020
- Thilo Wydra: Hitchcock´s Blondes - 15. Dezember 2019
- Junges Schauspiel am D’haus: „Antigone“ von Sophokles - 10. November 2019
Schreibe einen Kommentar