Stars der 60er
Ende der 60er Jahre dominierte die Garage-Rockmusikszene die Radios, Kinoleinwände und Tanzflächen Kambodschas. Musiker ließen sich von US-Vorbildern inspirieren und mischten deren Lieder mit traditioneller Khmer-Musik. So entstand ein unverwechselbarer Stil, der vom Westen lange Zeit unbeachtet blieb, doch in Kambodscha, anders als die Interpreten selbst, die Schreckensherrschaft der Roten Khmer überlebt hat.
Fragt man Kambodschaner nach Ros Sereysothea, Pan Ron oder Sinn Sisomouth, wird man meist mit einem Lächeln beschenkt. Fast jeder Khmer, ob alt oder jung, ist auch heute noch mit der Musik von Ros Sereysothea aufgewachsen. Lieder wie „Chnam Oun Dop Prum Mouy“ (Ich bin 16) oder „Oh, snaeha euy!“ (Oh, Liebe!, zusammen mit Sinn Sisomouth), werden von vielen Khmer als Nationalerbe betrachtet und laufen bis heute im Radio rauf und runter.
Ros Sereysothea, die von König Norodom Sihanouk sogar als „Goldene Stimme der königlichen Hauptstadt“ geehrt wurde, überlebte die Herrschaft der Roten Khmer nicht. Um ihren Tod ranken sich viele Mythen, doch nach offizieller Version wurde sie 1977 mit ihrer Familie nach Kampong Som verfrachtet und getötet. Auch die Sängerin Pan Ron, die mit Hits wie „Bong Kom Prouy“ (Mach dir keine Sorgen, Schätzchen) berühmt wurde, fiel dem Pol-Pot-Regime zum Opfer. Sinn Sisomouth starb ebenfalls gegen Ende der 70er Jahre.
Sie alle lieferten den Soundtrack jener unbeschwerten Zeit nach dem Abzug der französischen Kolonialmacht und unter der Regierung des jungen Königs Norodom Sihanouk, der selbst ein Freund der schönen Künste war. Die Roten Khmer ächteten später die Musik als imperialistisches Sprachrohr und verboten sie. Die Platten und Filme sollten ebenso vernichtet werden wie die Sänger selbst. Doch manche Khmer riskierten sogar ihr Leben, um die geliebten Schallplatten zu verstecken und für nachfolgende Generationen zu erhalten.
Heute kommen auch junge Kambodschaner durch ihre Eltern und Großeltern mit der „Vorkriegsmusik“ in Berührung. Sie wird auf Hochzeitsfeiern und Familenfesten gespielt und oft grölen und tanzen alle mit. Durch Bands wie „The Cambodian Space Project“ und die kalifornische Gruppe „Dengue Fever“ haben die schmissigen Rhythmen auch das Interesse Expats in Kambodscha und einer wachsenden Fangemeinde im Rest der Welt geweckt. Live-Konzerte, CDs, Mitschnitte auf Youtube und Dokumentarfilme lassen Gassenhauer wie „Chnam Oun Dop Prum Mouy“ weiterleben und sorgen dafür, dass die Erinnerung an die ermordeten Stars der Garage-Rockmusik niemals stirbt.
Farid Wilhelm Zimmermann
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- Unsterbliche Khmer-Rockmusik - 11. April 2013
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