Wen haben wir nicht schon alles an Polit-Prominenz (zweifelhafter Art) im Kino gehabt: die Queen, Mrs. Thatcher, Lincoln und so weiter. Nun also King George VI., der Vater von Königin Elizabeth II. Auftritte hatte er bereits in „The King’s Speech“ und in „W. E.“. Nun darf er als Komödiant reüssieren. Da reist der britische König im Juni 1939, George VI., mit seiner Ehefrau in die USA. Dort treffen die Majestäten Mr. und Mrs. Präsident und, shocking, auch noch die Geliebte des ersten Mannes in „Gottes eigenem Land“ dazu. Da müssen Königs natürlich ganz schön heftig schlucken, um solche Lotterei zu verdauen. Was auch heißt: runter mit den Hot Dogs und anderen Unappetitlichkeiten. Doch rechte Blaublütler wissen sich bekanntlich immer absolut perfekt zu benehmen. Oder etwa doch nicht?
Roger Michell wurde einst mit der Liebeskomödie „Notting Hill“ berühmt. Schon die war ganz auf die Schauspieler zugeschnitten. Das ist bei seinem neuen Film nicht anders. Samuel West und Olivia Colman als König und Königin von England, Bill Murray in der Rolle des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt sowie Olivia Williams als dessen Frau Eleanor und Laura Linney als seine Daisy genannte Geliebte Margaret Suckley dürfen brillieren. Und das nutzen sie nach bestem Können aus. Der Witz beruht vor allem aus dem Aufeinanderprall von steifer britischer Aristokratenarroganz und bodenständiger US-amerikanischer Hemdsärmeligkeit. Politische Hintergründe, etwa die Nachwehen der Depression in den USA oder die Vorboten des drohenden Weltkrieges, werden allenfalls als Randnotiz wahrgenommen. Es geht nicht um ein Zeitbild, es geht um Porträts skurriler Persönlichkeiten. Und diese Porträt sind vielfarbig.
Inspiriert wurde die Film-Geschichte von Briefen und Tagebuchnotizen der wirklichen Margaret Suckley. Die Cousine und vermutlich sehr, sehr nahe Vertraute Roosevelts, die 1991 kurz vor ihrem 100. Geburtstag starb, ist denn auch das Vorbild für die Filmfigur der Daisy. Überwiegend aus ihrem Blickwinkel wird erzählt. Laura Linney gibt der Frau im Schatten der Macht mit selbstverständlich anmutender Ironie eine schöne Würde. Erzkomödiant Bill Murray überrascht mit einer überaus zurückhaltenden Interpretation des an den Rollstuhl gefesselten Roosevelt. Darstellerische Extravaganzen, mit denen er gern auftrumpft, bleiben diesmal aus. Das gibt der Figur eine überzeugende Seriosität und lässt die komischen Momente umso stärker erstrahlen. Samuel West, in England ein TV-Star, spielt George VI., allgemein Bertie genannt. Mit typisch britischer Zurückhaltung charakterisiert er ihn als einen Mann, der in der Rolle des Monarchen gefangen ist und der dieser Rolle nicht mal in den privaten Momenten entkommt. Damit setzt West gelegentlich auch nachdenkliche Momente, was bekanntlich jeder Komödie gut ansteht. Zum Meisterwerk reicht’s dennoch nicht. Unterhaltsam ist das wohl vor allem für all jene, die etwas altmodische Konversationskomödien schätzen.
Peter Claus
Hyde Park am Hudson, von Roger Michell (England 2012)
Bilder: Tobis
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