Victor Hugo dürfte sich im Grab umdrehen. Sein Roman „Die Elenden“ („Les Misérables“) ist weithin in Vergessenheit geraten. Die zuckrige Musiktheater-Version in greller Broadway-Praliné-Machart zieht um die Welt. Nun auch noch als Film. Tom Hooper („The King’s Speech“) macht das einzig Vernünftige, er stellt die Interpreten ins Scheinwerferlicht. Hugh Jackman, Russel Crowe, Anne Hathaway singen überzeugend. Und retten damit die Chose. Denn zu spielen haben sie nicht wirklich viel. Die Story um den Ex-Sträfling Jean, die schöne Fantine und den Inspektor Javert hat in dieser Version alle Brisanz verloren. Es geht nur noch um Emotionen. Und die werden in einem Schwall von Musiksauce bis zum Geht-nicht-mehr aufgekocht. Hugos Philosophie, Sozialkritik, Milieustudie wird der Wucht der Ausstattung und der Akustik geopfert. Erzählt wird damit allerdings gar nichts. In Erinnerung bleiben schöne Gesichter und schöne Stimmen. Ansonsten wird der Wunsch angefeuert mal wieder ein gehaltvolles Musical vom Kaliber von „Cabaret“ oder „My fair Lady“ zu erleben.
Peter Claus
Les Misérables, von Tom Hooper (England 2012)
Bilder: Universal Pictures
- „Rosenmontag For Future“ Oder: Lachen schult das freie Denken - 9. Februar 2020
- Thilo Wydra: Hitchcock´s Blondes - 15. Dezember 2019
- Junges Schauspiel am D’haus: „Antigone“ von Sophokles - 10. November 2019
Schreibe einen Kommentar