Kino als Kopfarbeit. Auch das kann reizvoll sein. Regisseurin Julia Loktev beweist es mit Eigensinn und Originalität.
Alex (Gael Garcia Bernal) und Nica (Hani Furstenberg) wandern durch die Bergwelt Georgiens. Ein Einheimischer (Bidzina Gujabidze) führt sie. Die jungen Leute sind total auf sich selbst gestellt. Das führt dazu, dass sie sich verlieren – und wohlmöglich auch ihre Liebe.
Julia Loktev, Regisseurin, Autorin und Videogestalterin, verzichtet auf zu viele Dialoge. Die Kraft des Films entspringt seinen Bildern. Das sind oft weite Naturaufnahmen. Da entstehen Panoramen, in denen die Menschen zu kleinen Farbklecksen ohne Bedeutung werden.
Hani Furstenberg, Gael García Bernal und Bidzina Gujabidze tragen das archaische Geschehen mit ihrer Präsenz. An einer Stelle der handlungsarmen Geschichte gibt es einen Zwischenfall, der hier wegen der Spannung nicht näher beschrieben werden soll. Dieser Zwischenfall bewirkt, dass die Liebenden erstmals begreifen, dass sie im Grunde immer aneinander vorbei reden und leben. Sie haben sich eigentlich nie wirklich etwas zu sagen. Die daraus resultierenden Gedankenströme sind grausam und schmerzhaft.
Der Film braucht geduldige Zuschauer, Menschen, die sich darauf einlassen wollen, keiner klassisch aufgebauten Erzählung zu folgen, sondern ein Puzzle aus Momentaufnahmen, Emotionen, Fragen zusammen zu setzen. Spannend ist das, weil Regie, Schauspiel und Kamera erst gar nicht versuchen, das Publikum zu einem Mitgehen zu bewegen. Distanz ist angesagt. Genau daraus aber, dass man als Betrachter nie ganz nah an die Handelnden heran kommt, resultieren die Spannung und Fragen an sich selbst. Das ist das Entscheidende: es gelingt, den Zuschauer zur Selbstbetrachtung zu bewegen. Das ist garantiert nicht jedermanns Sache. Wer sich darauf einlassen kann und mag, sieht einen Film, der sich durch seine Ruhe und Kühle unauslöschlich einprägt – als Warnung vor der Überschätzung des eigenen Ichs.
Peter Claus
The Loneliest Planet, von Julia Loktev (USA/ Deutschland 2012)
Bilder: Camino
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