Menschen mit psychischen Störungen treten im Kino in den letzten Jahren oft in Komödien auf – gezeichnet mit Augenzwinkern, Verständnis, Sanftmut. Nur: Oft wird dabei die Schwere der Erkrankung überzuckert. Das ist meist ärgerlich. Drehbuchautor und Regisseur David O. Russell macht’s anders. Auch er wendet sich Leuten zu, die Hilfe brauchen, auch er setzt auf Lachen. Doch die Probleme, die ein seelisches Ungleichgewicht auslösen kann, zeigt er angemessen deutlich.
Pat (Bradley Cooper) hat versucht, sein Problem, den Hang zu Gewaltausbrüchen, bei einem langen Aufenthalt in einer psychiatrischen Anstalt in den Griff zu kriegen. Zwangsweise, nachdem er den Liebhaber seiner Frau Nikki (Brea Bee) – nun Ex – fast tot geschlagen hat. Ein schwieriger Fall, dieser Pat. Seine Mutter (Jacki Weaver) holt ihn dennoch nach Hause. Der Vater (Robert De Niro) nimmt das hin. Selbst von so einigen Macken getrieben, kann er die Situation kaum überschauen. Pat versucht, sich in die von ihm verlangte Durchschnittlichkeit zu fügen. Aber ohne „seine“ Nikki kann und will er nicht leben. Dabei hat der Ex-Lehrer Chancen bei anderen. Die attraktive Tiffany (Jennifer Lawrence) umwirbt ihn heftig. Sie lauert Pat geradezu auf. Viel zu jung verwitwet, sieht sie in dem durchaus auch angenehm wirkenden Mann einen potentiellen Partner. Er jedoch sieht nichts außer sich selbst. Aber Tiffany kriegt ihn schließlich wenigstens dazu, mit ihr bei einem Tanzwettbewerb mitzumachen. Klar, sie hofft auf mehr. Doch es sieht nicht danach aus, als würde sich ihre Hoffnung jemals erfüllen!?
Wie im Roman von Matthew Quick, der als Vorlage diente, kommen im Film bei allem überdrehten Witz die leisen Töne nicht zu kurz. Die psychischen Erkrankungen der Protagonisten werden deutlich erkennbar. Gezeigt wird dabei vor allem: die „Normalos“ sind oft genauso „verrückt“ wie die „Irren“. Dabei sorgen Inszenierung und Schauspiel dafür, dass keine der Figuren denunziert wird. Als Zuschauer hofft man schließlich sogar, dass einem die Umwelt doch zumindest gelegentlich einiges an Verrücktheit attestiert!
Jennifer Lawrence und Bradley Cooper führen ein exzellentes Darsteller-Ensemble an. Pointensichere Dialoge, die nie in Klamauk abgleiten, bieten beste Unterhaltung, einiges an Situationskomik dazu. Und die düsteren Momente weisen im Verlauf des Geschehens mehr und mehr auf den Irrwitz einer Gesellschaft, die ganz darauf aus ist, dass sich Jede und Jeder allüberall stromlinienförmig anpasst. Da erreicht der Film gelegentlich eine staunenswerte Komplexität.
Peter Claus
Silver Linings, von David O. Russell (USA 2012)
Bilder: Senator
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