Leuchte, mein Stern, leuchte

Erinnerung an einen alten Film

Wir waren begeistert. Was für ein Film! In der Tat, da leuchtete ein Stern, es war der der Kunst, und es schien auch ein wenig der Stern derer, die sich der Kunst und der Revolution verschrieben hatten.

„Leuchte, mein Stern, leuchte“ des sowjetischen Regisseurs Alexander Mitta. Iskremas, der Künstler, der 1920 durch Sowjetrussland zieht, um den Massen die Kunst zu bringen. Der sein Künstler- und Menschentum behauptet in den Wirren des Bürgerkrieges, zwischen Roten, Weißen und Grünen. Der seine Romantik lebt und beglaubigt in unromantischen Zeiten. Was für ein Schauspieler. Und was für ein Mensch!
Wer damals, es war 1972, in der DDR Theater studierte, konnte gar nicht anders, als diesen Film und diesen Mann zu lieben: So konnte Kunst sein, und so konnten Menschen sein, die sich um die Kunst mühten, die um sie und für sie kämpften.
Wir ahnten damals nicht, dass der noch immer nicht beendete Kampf der Systeme uns eines Tages von den „Roten“ gleichsam zu den „Weißen“ führen würde. So ist in die Erinnerung an diesen Film auch ein Stück Melancholie gewoben: Die Melancholie, in der Jugend einem Gedanken angehangen zu haben, der sich als Illusion erwies. Eine Illusion, der man auch selbst und früher auf den Grund hätte kommen können.

Doch, ich kann Andreas Dresen gut verstehen. Als Gaststar beim Filmfest Weimar wählte er „Leuchte, mein Stern, leuchte“ als seinen „Wunschfilm“. Seine Wahl spricht für den Film und für den, der ihn wählte. Für sein Künstler- und sein Menschentum. Für sein Talent und seinen Charakter.

 

Henryk Goldberg, Thüringer Allgemeine 18.07.2012