Popcorn-Kino. Ein Begriff, der bei Freunden von Kunst ein Naserümpfen hervorruft und die Ignoranz aller Filme, die damit gemeint sein könnten. „Men in Black“ zählt dazu. Dabei gehört die mittlerweile drei Spektakel umfassende Reihe zum Empfehlenswertesten, was sich unter der Schlagwort Popcorn-Kino finden lässt.
Eine Auseinandersetzung mit dem Zustand der Welt wird naturgemäß nicht geboten. Regisseur Barry Sonnenfeld haut auf die Pauke und will nichts als unterhalten. Das gelingt ihm auch im dritten Teil hervorragend. Schön dabei, dass die Comic-Adaption auf ausufernde Brutalo-Szenen verzichtet. Dahinter steht vermutlich kaum ein pädagogisches Verantwortungsgefühl. Wohlfühl-Amüsement für nahezu alle Altersklassen bringt mehr Gewinn an den Kassen als Filme, die erst ab 18 frei gegeben werden. Das Fantasy-Feuerwerk taugt also tatsächlich als Familienspaß. Den kann auch genießen, wer die Vorgänger aus den Jahren 1997 und 2002 nicht kennt. Die Geschichte steht für sich. Die Agenten J (Will Smith) und K (Tommy Lee Jones) jagen fiese Aliens und schützen gute. Punkt. Den Drehbuchautoren sind dazu viele witzige Szenen und Dialoge eingefallen. Der entscheidende Einfall ist alles andere als neu, aber durchaus neuartig verwirklicht: eine Reise durch die Zeit. Oft stört an Geschichten um Ausflüge ins Gestern, dass die Logik ausgehebelt wird. Von Anfang an ist da in der Regel klar, dass die Zeitreise den Gang des Geschehens nicht wirklich verändern wird, sonst kämen die Figuren ja nie so, wie zu erleben, am Ausgangspunkt der Story in der Gegenwart an. Menschen, die in die Vergangenheit eilen, können nicht vom vorzeitigen Tod bedroht sein. Wie sonst könnten sie im Heute agieren? Für einen Moment kommen einem diese Gedanken auch, wenn J sein Abenteuer startet, um Kollege K annodunnemals, 1969, zu retten. Aber den Autoren ist Kluges eingefallen, das derlei Einwände abschmettert. Was, sei hier nicht verraten. Es soll ja niemandem Spaß und Spannung vermiest werden. Und Beides ist groß.
Wer mag, kann den Film durchaus auch als Parodie auf die Allmacht des Staates deuten und kleine kritische Aspekte entdecken. Das Gehirn muss keineswegs ausgeschaltet werden. Im Kern steckt durchaus Ernsthaftes: Die Helden in den schwarzen Anzügen und mit den schwarzen Sonnenbrillen sind schließlich verantwortlich für das friedliche Miteinander von Erdbewohnern und Außerirdischen. Letztere dürfen auf dem blauen Planeten Asyl beantragen, wenn sie in Not geraten. Die Männer in Schwarz sorgen dabei für Recht und Ordnung. Illegale Einwanderer werden abgeschoben, richtige Ekel gar eliminiert, nicht gleich umgebracht, aber doch hinter Schloss und Riegel gesteckt. Die Menschheit weiß nichts davon. Aus Sicherheitsgründen: Die Regierenden haben Angst, dass Herr und Frau Durchschnitt viel zu viel Furcht vor allem Fremden haben und mit Widerstand reagieren könnten. Bekommt doch einmal jemand was mit, der nichts mitkriegen soll, sorgt ein handliches Gerät namens Neutralisator für Vergessen ohne Folgen und löscht einfach alle Erinnerung an Aliens und die Typen in Schwarz.
In Schwung kommt die Erzählung durch einen Bösewicht (Jemaine Clement). Ein Dummchen (Nicole Scherzinger) verhilft ihm zur Flucht aus dem Knast. Dort hatte ihn vor rund vierzig Jahren Agent K eingemietet und damit eine Invasion weiterer Bösewichte verhindert. Schurke weg, Erde gerettet. Jetzt aber steht das in Frage. Deshalb muss Agent J in die Vergangenheit um K in jung (Josh Brolin) und damit die Menschheit zu retten. Kurz: Es wird schönster Rummelplatz-Budenzauber geboten. Der verpufft nicht so schnell, weil J und K differenziert gezeichnet werden, tatsächliche Charaktere sind, ihre Freundschaft mit Gefühl ins Bild gesetzt wird. Reichtum an Emotionen ist bekanntlich immer spannungssteigernd. Obendrauf gibt es satirische Seitenhiebe gegen Rassismus. Das geht nicht in die Tiefe, setzt sich aber fest. Komödiantischer Höhepunkt ist eine Begegnung mit Andy Warhol, einer der Pop-Idole der 1960-er Jahre. Auch er ein Alien? Wer weiß!
Will Smith als J und Josh Brolin/Tommy Lee Jones als K vermitteln gute Laune pur. Man hat den Eindruck, dass sie den Dreh wie einen Schulbubenstreich genossen haben. Diese gute Laune überträgt sich im Handumdrehen aufs Publikum. Und wenn dann noch Emma Thompson in einer Nebenrolle aufdreht, läuft das Fantasy-Abenteuer wirklich zu Hochform auf. Warum das allerdings in 3D sein muss, erschließt sich nicht wirklich. Vielleicht nur, weil die Zuschauer in den entsprechenden Kinos dann auch dunkle Brillen tragen müssen und so den Helden auf der Leinwand noch näher kommen. Ja, und klar, in die Kinokassen bringt’s mehr.
Peter Claus
Men in Black 3, von Barry Sonnenfeld (USA 2012)
Bilder: Sony Pictures
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