Martha (Elizabeth Olsen) ist einer Sekte entkommen. Im Landhaus ihrer älteren Schwester Lucy (Sarah Paulson) will sie zur Ruhe kommen. Doch das gelingt nicht. Ängste und Erinnerungen treiben sie in den Wahn. Rettung erscheint unmöglich!
Noch ein Horrorstück der üblichen Art? Nein. Drehbuch- und Regie-Debütant Sean Durkin gelang ein außergewöhnlicher Thriller höchst kunstvoller Art, der sich weit aus dem Durchschnitt heraushebt. Sean Durkin versteht es überaus raffiniert, Spannung aufzubauen, zu halten und permanent zu steigern. Dabei arbeitet er überwiegend überaus subtil. Der Einbruch des Irrealen in ein scheinbar ganz gewöhnliches bürgerliches Umfeld wird geradezu greifbar. Die kluge Mischung aus bedrohlich-ruhigen Bildern und oft surreal anmutenden Klang-Collagen erweist sich dabei als sehr effektvoll. Dazu sorgt die elegante Verquickung von Gegenwart und Vergangenheit, Erinnertem und Eingebildetem, für Spannung pur. Hauptdarstellerin Elizabeth Olsen agiert mit traumwandlerischer Sicherheit. Zu Recht wird sie in den USA als die Schauspiel-Entdeckung des letzten Jahres gehandelt.
Zu all diesen Qualitäten kommt als Entscheidendes hinzu: Der Film setzt sich durchaus ernsthaft mit gängigem Sekten-Unwesen auseinander und nutzt diese Ebene zudem dazu, über den gegenwärtigen (Geistes-)Zustand der US-Gesellschaft nachzudenken. Das geschieht tatsächlich dezent, so dass sich Freunde puren Schock-Vergnügens nicht bedrängt fühlen müssen. Doch wer das Kino auch ein wenig nachdenklich verlassen möchte, wird gut bedient.
Peter Claus
Martha Marcy May Marlene, von Sean Durkin (USA 2011)
Bilder: Fox
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