Kate Winslet war in diesem Jahr, im September, beim Internationalen Filmfestival Venedig in gleich mehreren Filmen und einem TV-Mehrteiler zu sehen. Da wurde wieder mal klar: Sie ist immer gut. Bestätigt wurde auch, dass sie bezaubernd schön aussehen kann, wenn’s der Rolle dient. Dass sie aber auch überaus attraktiv wirkt, wenn sie kotzt, das ist mal was Neues.
Diese (weder für das Leben, noch für die Kunst wichtige) Erkenntnis beschert die Verfilmung des Bühnenhits „Der Gott des Gemetzels“ durch Regie-Altmeister Roman Polanski. Ansonsten bietet der Film nicht viel. Neben „Oscar“-Preisträgerin Kate Winslet agieren die „Oscar“-Preisträger Jodie Foster und Christoph Waltz und John C. Reilly, der immerhin schon mal für die Hollywood-Trophäe nominiert war. Die Vier geben ihrem Affen Zucker und damit dem Kammerspiel schauspielerische Rasanz. Aufwerten können sie das landauf, landab gespielte Stück von Yasmina Reza damit nicht. Das hat einen schalen Beigeschmack, denn es baut arg schlicht auf die Binsenweisheit „Schadenfreude, schönste Freude“. Vorgeführt werden nämlich zwei gutbetuchte Ehepaare, die jedoch geistig und emotional verdammt arm dran sind. Das Quartett trifft sich in der Wohnung des einen Gespanns, um die Rangelei der jeweiligen Söhne auf einem Spielplatz zu diskutieren. Da gab’s ein bisschen Nasenbluten. Diese Nichtigkeit ist Anlass für eine Konfrontation der Erwachsenen, die sich von gefälligem Geplänkel bis zu wütenden Verbalattacken und fast körperlichen Handgreiflichkeiten auswächst. Merke: In jedem von uns steckt eine Bestie, wehe, wenn sie losgelassen. Da es ja immer wohlig ist, im Parkett eines Theaters oder Kinos zu sitzen und sich schlauer und besser fühlen zu dürfen als die Protagonisten, macht das lautstark Effekt. Überraschend ist es nicht.
Überraschungen lässt auch die Inszenierung von Roman Polanski vermissen. Ihm ist absolut nichts eingefallen, um die Kino-Adaption des Stücks filmisch interessant zu gestalten. Das Unternehmen wirkt, als habe er eine Theateraufführung nahezu eins zu eins eingefangen. Der zu Recht weltberühmte Regisseur, der manches Meisterwerk gestemmt hat, bleibt hier weit unter dem, was er kann.
Uraufgeführt wurde die Edel-Krachklamotte in diesem Herbst auf dem Internationalen Filmfestival von Venedig. Der Beifall war freundlich. Die Jury, die am Ende die renommierten Preise des ältesten europäischen Branchentreffs vergab, übersah den Film geflissentlich. Auch das: keine Überraschung.
Wer Schauspielern, die zweifellos Könner sind, gern bei der Arbeit zusieht, der wird sich vergnügen. Wer gern andere auslacht, ebenso. Wer mehr im Kino will, hat eher weniger zu lachen.
Peter Claus
Der Gott des Gemetzels, von Roman Polanski (Frankreich/ Spanien/ Polen/ Deutschland 2011)
Bilder: Constantin
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