Stammtischniveau auf Bayrisch
Abstract für Preussen: Einige Herren sitzen an in einem „Wirtshaus“ genannten Restaurant und unterhalten sich über den Auftritt des Papstes im deutschen Bundestag. Man wundert sich zunächst, dass seine Heiligkeit nicht in München, sondern in Berlin auftritt, versteht dieses aber schließlich als Repräsentationsaufgabe, um der islamischen oder sonst heidnischen Welt zu demonstrieren, dass man sowohl auf einen Papst wie auf eine Demokratie stolz sein könne, wobei einer der Herren zurecht und aus professioneller Neugier – es handelt sich um einen Schuster – auf das erlesene Schuhwerk des Pontifex hinweist. Man ist sich ferner darüber im klaren, dass der Auftritt seiner Heiligkeit für die Institution des deutschen Bundestages von großem Nutzwert sei, da man endlich einmal den Plenarsaal fülle, wenn auch möglicherweise, wegen der Verweigerungshaltung schwuler und heidnischer Kommunisten mit Ersatzleuten, denen indes nicht allzu viel politisches Leben abverlangt wird.Überdies wird diskutiert, was es denn mit den jüdisch-christlichen Wurzeln des Abendlandes auf sich habe, und ob der Papst etwa ein Jude sei, was verneint werden darf. Am Ende sind die Herren sehr zufrieden mit sich, der Welt und dem Auftritt Benedikts vor dem deutschen Bundestag.
Aufzeichnung aus der südlichen Provinz (OT):
– „Oiso, dann sog i erst amoi ‚Prost’.
– —
– Jaja.
– —
– So so!
– —
– Jetzt kimmt oiso unsana Babst in an deitschen Bundesdog. Dös weard a Gaudi.
– Dös hod mi scho glei gwundert, dass er net zu uns ins Maximilianäum kimmt. Naa, auffi auf Berlin muaß a. Da wo’s lauder Preissen san, und Prodesdanten und Proledarier, und Diplomaden und schwule Heidn.
– I moan ollawei, seit er Babst worn is, kennt er seine Leit nimma, da Ratzinga.
– Naa, des muast du bolidisch seng. Der muas doch do drom repräsentier’n.
– Wos repräsentier’n?
– Najo, dass mia an Babst ham, hoit. Da schaugn’s die Kopftuchmadl und die Hassprediger und die Imame und des Migrantengschwerl. Da kenna di macha was woin, an solchanen Babst wie mia hom’s net.
– Und de scheene Schua..
– Wos?
– Die Schua. Host du scho amoi g’seng, was unsana Babst für schene Schua hod. I ois a Schuasta, i hob da an Blick. Des is, woist, wia bei da Imelda Marcos. Kennt a’s no? Die Frau vo dem Dikdador do drent. Die hod an ganz’n Balast volla Schuhschränk g’habt. Und so stell i mir des aa im Fattikan vor. Lauda Schuaschränk vom Babst. Unsa Babst is so was wie a heilige Imelda Marcos.
– Du gell, dua ma fei mei religiöses Empfinden net beleidigen, du Zipfel!
– I moan ja blos, wegen der Eleganz. Des ist direkt irgendwie… damenhaft.
– Ja, wenn’s d ma jetzt net glei gehst mit deine Schua. I hau da eine nei, dass d’Engel im Pedersdom singa hearst. Unsana Babst is net damenhaft, des merkst da!
– Ja, friss eam net glei. Da Babst muas scho was gleich schaung, wenn er repräsentier’n wui. Der ko ja ned im Arbeidsgwand daherkema.
– Oda ois a Trachtler.
– Und zweng dem, wegn dem Repräsentieren, müassedn aa olle Plätz im Parlament besetzt wern. Und wenn do die kommunistischen Heidn ned mitmache, hod oana g’sogt, dann soit ma hoit die oiden Parlamentarier vo früher eilodn.
– Und wann’s scho gstorben san?
– Nachhad a. Des merkt ja eh koana.
– Mei, da werd unsa Parlament aber amoi voll sei. Sonst is’ ja immer laar, siegt ma jo im Fernsehen. Des is wia Weihnachten in der Kirch.
– Genau, mia brauchan an Babst, damit übahaupts wieda wer ins Parlament geht.
– Da derf koana net fehln.
– Genau. Weil der Babst is unfehlbar.
– Dann zeign mir dene andan: Mir ham a Demokratie, UND mir ham an Babst. Des soll uns erst amoi oana nachmacha.
– Und de Schua…
– Ja, hearst jetzt net glei mit deine Schua auf! Himmilherrgottsakramentkruzifix.
– So, und wer duat jetzt des religiöse Empfinden beleidign, Hammel g’scherter?
– Des is a Demokratie, weil mir san Babst. Wia’s in da Buid-Zeidung gschtanden is. Mir ham net bloß an Babst. Mir SAN aa Babst.
– Wia Lederhosenträger.
– Wos, Lederhosenträger?
– I hob Lederhosenträger. Aber i bin aa a Lederhosenträger.
– Geh, Schmarrn. Des is doch symbolisch. Wenn da Babst do einigeht, dann ned blos als Babst, sondern mir, mir ole san des, die wo do einigenga.
– A die Preissn?
– Freili.
– Und die Protestanten?
– A bissel scho.
– Und die kommunistischen Heidn?
– Naa. De bleim draussd. Des is ja des, worauf’s okimmt. Ab heit sin ma koa eifache Demokratie mehr, ab heit san ma a christliche Demokratie.
– Oiso, i woaß net. Was i moan is: A Hur g’hört ins Hurenhaus, a Babst g’hört in’d Kirchen, und a Parlamentarier g’hört ins Parlament. Und net ois durchanander.
– Eam schaug o! Mogst vielleicht an Kommunisten macha? Mogst zum Fidel Castro ministrieren? Pass auf, wos d’sagst.
– Es is doch a so. Wenn da Babst in unsans Parlament kimmt, dann hoast des, dass mir an unsane jüdisch-christlichen Wurzeln denga dean.
– Wos? Da Babst is a Jud? Des war jo des Neuest.
– Na, da Babst is freili koa Jud. Den hätten’s doch sonst goar nie net einiglassen in an Fattikan. Es is blos weng der G’schicht. Geistesgeschichtlich, sogt ma.
– Na, mei Liaba, mit dera G’schicht fang ma lieba gor net erst o.
– I sog jo, ma solltat mehra auf de Schua schaugn.
– Der hert net auf. Der hert net auf mit seine Schua!
– So a Babst-Besuch, des is doch wie a kloans Wunda, könnt ma song. Dös sollt ma öftas macha. Damit ma wieda a vois Parlament kriagn.
– Geh, da Babst ko doch net jede Woch inan deitschen Bundestag kemma.
– Nehm ma hoit an Erzbischoff.
– Oder an Päd, a, Prälat woit i song.
– Und für de Protestanten?
– Derf amoi de Käsmann kema. Mit a por Flascherl Wein.
– Trink, trink, Brüderle trink. Lasset die Schulden zuhause…
– Und de Proledarier?
– Mach ma an Volksfest-Dog. Mit am Kasperl Larifari. Oda Hansi Hinterseer.
– Und die Diplomaden?
– Kimmt da Dalai Lama.
– Und die schwulen Kommunisten?
– Für die gibt’s koa christliche Demokratie net. Des werdn’s dann scho merka, wenn’s ned zum Babst ins Parlament einigeh.
– Ja, dann sog i hoit no amoi ‚Prost’“.
Georg Seeßlen
taz, 21.09.2011
Bild: Pressefoto Pabstpuppe; „Puppenklinik Offermann, Neuss – erhältlich unter Deutsche-Klassiker.de“ honorarfrei. Copyright 2005
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