Frau im Urlaub. Mehr oder weniger allein. In Ägypten. Kann das gut gehen? – Das ist nicht die einzige Frage, die dieser Spielfilm aufwirft, doch es ist die, die das Geschehen ankurbelt. Juliette kommt aus Kanada. Und, klar, Kairo ist verlockend. Der Gatte, Mark, nämlich hat zu tun. Tareq aber, der weltgewandte Kaffeehausbesitzer, hat Lust auf Juliette…
Bei Lichte besehen ist die Story ein rechtes Ärgernis, gerade jetzt, da die gesellschaftlichen Vor- und Rückschritte in Ägypten wichtiger sind als alle Exotik und Erotik. Sind sie wirklich wichtiger? Für den Einzelnen, für die Einzelne? Wer auf dem brodelnden Vulkan lebt, tanzt fröhlich weiter und kriegt von den historischen Entwicklungen gar nichts mit. Insofern verfliegt der Ärger denn doch recht schnell.
Orient und Okzident nicht auf Konfrontation, sondern auf Wolke sieben. Warum eigentlich nicht?! Schad nur, dass gen Ende die inszenatorische Delikatesse, die bis dahin vorherrscht, zugunsten von Schmachtfetzerei aufgegeben wurde. Bis dahin darf man in einem herrlich fotografierten Kairo spazieren gehen und sich ab besonderen Schlag von im Liebestakt schlagenden Herzen erfreuen. Klingt kitschig? Ist es auch. Aber auf eine Art, die einfach Spaß macht.
Den Film dominiert die prachtvolle Patricia Clarkson als Juliette. Sie gibt der Chefradakteurin eines Hochglanzmagazins Charakter, Seele und eine wahrlich bezaubernde Zickigkeit. Clarkson, immer mal großartig in Nebenrollen, viel zu selten als leading lady eingesetzt, darf hier ihr ganzes Können breit entfalten. Das tut sie mit Wonne. Und die überträgt sich sofort auf den Zuschauer. Die kanadisch-syrische Regisseurin Ruba Nadda tat gut daran, sich ganz auf Clarkson zu verlassen. Immer dann nämlich, wenn es droht doch einmal viel zu dicke zu werden, sorgt die mit nonchalanter Ironie für den richtigen Kick.
Am Ende der Erzählung gibt es übrigens mehrere Enden. Je nach Gemüt darf man/ frau sich aussuchen, was da wer nun eigentlich denkt/ fühlt/ erlebt. Freiheit des Fabulierens? Ich finde: Feigheit von Drehbuch und Regie vor wirklicher Zuspitzung. Schade. Aber dem eleganten Kino-Märchen von der Unmöglichkeit der Glückseligkeit tut das letztlich keinen Abbruch. Dank Patricia Clarkson!
Peter Claus
Cairo Time, Ruba Nadda (Kanada/Irland/Ägypten 2009)
Bilder: Alamode Film/Filmagentinnen
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