Die Hollywood-Diva Elizabeth Taylor ist im Alter von 79 Jahren an Herzversagen gestorben.
Im Jahre 1956 dreht James Dean „Giganten“, seinen letzten Film. Dann verunglückt er tödlich, 24 Jahre alt und wird so zur Legende. Und eben dieser Film eröffnet auch einer anderen die Zukunft.


Denn Elizabeth Taylor, wenige Wochen älter als James Dean, beginnt mit diesem Film ihre wirkliche Karriere. Nach „Giganten“ ist sie eine Schauspielerin, die sich künftig ihre Rollen aussuchen kann. Liz Taylor wird viele Rollen gespielt haben, bis sie gestern, nach mehrwöchigem Klinikaufenthalt, in Los Angeles starb, 79 Jahre alt. Im Ganzen sind es etwa 50 Kinofilme, nicht gerechnet die Fernsehproduktionen und die Gastrollen auf der Bühne. Ihre Grundentscheidung jedoch ist unabhängig von den einzelnen Rollen eine andere: Sie entscheidet sich für die Rolle der öffentlichen Frau, der Diva. Diese Rolle wurde durch sie geprägt wie es sonst kaum eine andere vermochte. Auch Marilyn Monroe nicht, die früh starb und der Prototyp des Opfers ist, ein Star, der nicht mehr beherrschte, was mit ihm geschah. Liz Taylor hingegen, daran kann kaum ein Zweifel sein, lebte ein durch und durch selbstbestimmtes Leben, sie hat sich selbst inszeniert als öffentliche Frau. Anders ist es nicht erklärbar, dass dieser Tod ihren Namen heute noch einmal um die Welt trägt, obgleich es seit langem keinen ernsthaften Grund mehr gab, die Schauspielerin zur Kenntnis zu nehmen.

Es wird auf ewig ungeklärt bleiben, wie groß die schauspielerischen Möglichkeiten von Liz Taylor tatsächlich waren. Sie konnte überwältigend sein, wenn sie sich auf existenzielle Auseinandersetzungen einließ, auf Rollen, die nicht Dekoration waren sondern Substanz: „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ (1958) oder „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ (1966), der ihr den zweiten Oscar als beste Schauspielerin eintrug. Und womöglich projizierte die Welt etwas auf diesem Film, das tatsächlich auch in ihm war: Das Verhältnis zur ihrem Mann und Partner Richard Burton. Sie liebten sich seit „Cleopatra“, der wohl das bleibende Bild von Liz Taylor geprägt hat für die Zeiten. Sie liebten und sie bekämpften sich in „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ und sie taten es auch in der wirklichen Welt, das prominenteste Paar aller prominenten Paare. Zwei Ehen, zwei Scheidungen und sie kamen nicht los voneiander. „Ich trage noch seinen Ring“ sagte sie sehr viel später, da war er schon lange tot. Kein Zweifel, Burton war der bessere Schauspieler. Doch in diesem Film, da hat er sie mitgerissen durch die Konkurrenz vor der Kamera und womöglich war ihr Spiel aufgeladen durch ihr Leben. Einen solchen Film macht man nur einmal im Leben.

Wie weit es seine Frau als Künstlerin hätte bringen können, das wird immer Spekulation bleiben. Seit dem Ende der sechziger Jahre gab es kaum noch nennenswerte Filme mit ihr. Denn sie war überwiegend die teure Dekoration in Filmen, für die eben die Dekoration, die Schönheit, die Faszination dieser Frau, das Eigentliche war. Und ihr öffentliches Leben war ein Teil dieser Wirkung. Die Schauspielerei erschien zunehmend nur als die Folie, vor der das öffentliche Leben dieser Frau stattfand. Es beflügelt die Phantasie, wenn ein Publikum die Männer kennen und zählen kann, mit der es die Frau auf der Leinwand schon trieb.

Liz Taylor, das waren Männer und Alkohol, Fressattacken und Entziehungskuren. Der vorletzte ihrer acht Ehemänner war ein Gouverneur, der letzte ein Bauarbeiter, sie hatte ihn kennengelernt bei einer Entziehungskur. Allerdings, als sie anfing, sich zu verhalten wie ein Mann, als sie also anfing, sich die Männer zu nehmen, die sie wollte, da konnte das in den prüden USA noch einer Karriere schaden. Für „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ musste die Homosexualität Bricks gestrichen werden, was den Autor Tennessee Willimans bewog, dem Publikum vom Besuch dieses Filmes abzuraten. Es ist wohl diese Pionierrolle, die Liz Taylor auch dann noch als öffentliche Person in lebendiger Erinnerung hielt, als von Filmen kaum noch die Rede war: Eine Schauspielerin, die heute den doppelten Verbrauch an Männern öffentlich lebte, würde nicht halb so viel Skandal machen. Sie konnte das gut aushalten. So wurde sie die erste Prominente, die sich in den USA 1985 für das tabuisierte Thema Aids engagierte: Sie wusste und bekannte, dass Lust zum Leben gehört.

Das öffentliche Leben der am 27. Februar 1931 in London als Tochter amerikanischer Eltern Geborenen begann mit niedlichen Tieren, als Kinderstar drehte sie mit Hunden (Lassie) und Pferden. Kann sein, sie hatte es irgendwann satt, bezaubernd und niedlich zu sein.

Eine Woche vor dem Drehbeginn zur „Katze auf dem heißen Blechdach“ starb ihr dritter Ehemann. Sie drehte dennoch. There is no business like showbusiness.


Text: Henryk Goldberg

Text erschienen in Thüringer Allgemeine, 24.03.2011

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