Der Spaß, der Müll, der Tod
„Ich habe ihn nicht gefilzt“, sagt der Mann vorn im Auto zu dem Mann neben ihm. Und er spricht über den Mann, der hinter ihnen sitzt. Es ist wie mit der Bananenschale: Gleich wird der Komiker ausrutschen, wir wissen es und wir freuen uns darauf.
Und so ist es mit der Machete: Gleich wird der leichtsinnige Fahrer sie im Rücken haben. Wir wissen es und wir freuen uns darauf. Vielleicht begann das alles mit Ed Wood (1924/1978). Dessen „Plane Nine from Outer Space“ gilt nach allgemeiner Übereinkunft als schlechtester Film aller Zeiten – und er ist unter Cineasten tatsächlich Kult. Herrlich blöd, unsagbar primitiv, ein reines Vergnügen. Trash. Müll, wie das englische Wort sagt. Es gibt auch einen gewollten, einen inszenierten Trash, eine kalkulierte Geschmacklosigkeit, und ein Meister dieses Genres ist Robert Rodriguez. Ihr, die ihr hier eintretet, ließe sich, frei nach Dante sagen, lasset alle Hemmung fahren. So geschieht es in „Machete“.
Der Dickdarm, erfährt der Mann im Krankenhaus, ist 18 Meter lang. Und also sehr vielseitig verwendbar. Zum Beispiel zum schnellen Verlassen des Hauses durch das Fenster, wenn auf der Treppe die bösen Jungs mit den Maschinenpistolen stehen. Also hängt er den Darm des Mannes, den er eben aus dessen Bauch entnahm, aus dem Fenster und rutscht daran hinab. Dazu benötigt man einen harten Händedruck, aber es gibt nichts an diesem Mann, was nicht hinreichend hart wäre.
Das ist, damit der humanistisch gebildete Leser das nicht missversteht, in der Tat lustig, wirklich. Denn in diesem Film gibt es nichts, was nicht lustig wäre, weil hier nichts etwas bedeutet, außer, dass es eben lustig ist. Und das ist ein wenig auch sein Problem. Denn wir erleben ein lustiges Kettensägenmassaker in Arizona, USA, da rollen Köpfe, da kommen Gliedmaßen als Einzelstücke vor. Das ist nie schlimm und, wie gesagt, meistens lustig, nur: Ein wenig langweilig ist es auch.
Robert Rodriguez filmt wie im heiteren Delirium – und das unterscheidet ihn von seinem Freund Quentin Tarantino. Denn nie erreicht „Machete“ die spielerische Eleganz, die leichthändige Lässigkeit von „Pulp Fiction“. Die Aneinanderreihung von trashigen Szenen und Zitaten lässt „Machete“ zur überraschungslosen Revue mit blutrotem Faden werden.
Aber Machete. Danny Trejo, der in „From Dusk till Dawn“ hinter dem Tresen des Pussy Twister stand, sieht aus wie der Bruder von Charles Bronson, nur nicht so niedlich, und so schwatzhaft ist er auch nicht. Er sieht also aus wie ein Mann aussehen muss, den sie Machete nennen. Dieser Nebendarsteller wird hier zur großen Nummer, ein einziges, heiteres Zitat der großen schweigenden Rächer. Und Robert De Niro, Steven Seagal und Don Johnson haben erkennbar Spaß.
Das Publikum applaudierte.
Text: Henryk Goldberg
Fotos: Sony Pictures
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18. November 2010 um 15:32 Uhr
Schöner Text, Herr Goldberg, aber die Bar hieß Titty Twister!
19. November 2010 um 08:00 Uhr
liebe frau zeise,
sorry, sie haben natürlich recht. ich war wohl noch von dem exzessiven pussy-song beindruckt, so sind jungs eben… aber ich hätte es merken müssen, schon der alliteration wegen. sorry, but shit happens
mit freundlich-betroffenen grüßen
henryk goldberg