Hollywood – der Name steht nach wie vor für Traumfabrik, für Eskapismus, für bunte Realitätsflucht. Die Flut an Komödien und Science-Fiction-Märchen bestätigt dieses Vorurteil derzeit massiv. Aber: Es gab und gibt immer auch ein anderes, ein politisch engagiertes Hollywood. Eines der berühmtesten, in den USA inzwischen regelrecht legendäres, Beispiel dafür ist „The Way We Were – So wie wir waren“:
Der „Oscar“-Reigen für den Anti-Irakkriegsfilm „The Hurt Locker – Tödliches Kommando“ hat es jüngst unterstrichen: Hollywood 2010 zeigt politisch Flagge. Das ist ein wichtiges Statement. Denn der Film, bereits 2008 mit Erfolg auf dem Filmfestival Venedig gezeigt, wurde von den Verleihern mehr als ein Jahr zurück gehalten. Wirklich leicht haben es gesellschaftskritisch engagierte Filmemacher also längst noch nicht im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“. Allerdings: Sie haben es schon sehr viel leichter als die Generationen vor ihnen. In den 1950-er Jahren etwa, zur Zeit der Kommunistenhatz in den USA, waren selbst verschlüsselte Auseinandersetzungen mit den hysterischen Auswüchsen des kalten Krieges kaum möglich. Und als Star-Regisseur Sidney Pollack sich in den 1970-er Jahren, in „The Way We Were“, mit eben dieser Kommunistenhatz beschäftigte, musste er zahlreiche Hindernisse überwinden. Doch „The Way We Were“ kam zustande – und hat in den USA tatsächlich Kultstatus. Auch jetzt werden die Wiederaufführungen des Dramas in den Kunstkinos regelrecht gestürmt.
Erzählt wird eine Lovestory: Katie, die kantige, leidenschaftliche Kommunistin, und Hubbel, der Schöngeist mit stromlinienförmiger Liberalität, lernen sich schon als Studenten kennen. Jahre später, im Zweiten Weltkrieg, werden sie ein Paar. Sie passt sich an, aus Liebe zu ihm; er liebt vor allem seinen Erfolg als Autor in Hollywood. Sie leben gemeinsam, körperlich gemeinsam, aber geistig Lichtjahre von einander entfernt in ödem Schick. Dann platzt die Seifenblase: die Verfolgung aller politisch links denkenden Menschen in den späten 1940-er und frühen 1950-er Jahre zerstört die Scheinidylle endgültig.
Motor des Films war Hauptdarstellerin Barbra Streisand. Ende der 1960-er Jahre mit „Funny Girl“ und „Hello, Dolly!“ zum Musicalstar avanciert, wollte sie ihr Potential als Interpretin einer dramatischen Rolle beweisen. Was ihr im Zusammenspiel mit Robert Redford famos gelang.
Regisseur Sidney Pollack hatte damals noch nicht den Ruhm und damit die Macht in Hollywood, die ihm etwa ein Jahrzehnt später Knüller wie „Tootsie“ und „Jenseits von Afrika” einbrachten. Seinen bis dahin größten Erfolg hatte er 1969 mit dem Gesellschaftsdrama „Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss“. Der Kassenerfolg dieses Films und die Zugkraft des Star-Duos Streisand-Redford gaben ihm Kredit – doch keine carte blanche. Noch aus dem fertigen Film mussten Szenen, die harsche Kritik an Washington übten, heraus geschnitten werden. Schon während des Drehens waren auf Druck der Produzenten die Liebesszenen verstärkt worden, danach wurde dann sogar der süßliche Titelsong kräftiger in den Soundtrack integriert.
Interessant: die Auswertung in Deutschland. In der Bundesrepublik startete der Film unter dem Titel „Cherie Bitter“ – wie auch „Cabaret“ in einer Synchron- und Schnittfassung, die alle politischen Aspekte klein hielt oder sogar verwischte. In der DDR hieß der Film „Jene Jahre in Hollywood“. Und, klar, die für Ostdeutschland hergestellte Fassung entsprach dem Original sehr viel mehr, aber auch nicht völlig: eine Stalin-kritische Sequenz wurde in der Synchronisation abgeschwächt. Doch, egal wie verändert – auch auf Deutsch packte die Liebesgeschichte auch als politisch bewusstes Zeitgemälde von Format.
Heute, da scheinbar alles gesagt und alles gezeigt werden darf, fesselt „The Way We Were“ nach wie vor – dank der feingeistigen Inszenierung und, vor allem, durch das nuancenreiche, sehr gefühlvolle, aber nie gefühlsduselige Spiel der Schauspieler, allen voran Barbra Streisand und Robert Redford. In den USA wird der Film, der 1974 bei der „Oscar“-Verleihung weitgehend übergangen wurde, immer wieder gefeiert. Dort tauchen sogar häufig, jüngst erst wieder, Gerüchte von einer Fortsetzung auf: Katie und Hubbel im Greisenalter. Hoffen wir, es bleibt beim Gerücht. Die Qualität von „The Way We Were“, auf DVD nun unter dem Titel „So wie wir waren“ zu haben, kann nicht übertrumpft werden.
Peter Claus
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