Der einsame Mann
Heute wird der große Filmkünstler 80 Jahre alt
Der Mann hat einen langen Weg hinter sich gebracht. Er hat den Kopf riskiert für eine Handvoll Dollar, und wenn er westwärts zog mit dem Wind, so blieb er der Mann ohne Namen. Er machte die schmutzige Arbeit auf den Straßen von San Francisco und als er begriff, wie erbarmungslos leer seine Jobs waren, so wurde er müde. So gewöhnte er sich, wo immer er war, in der Einsamkeit zu sein. So kam er eines Tages nach Madison County, Iowa und fotografierte „Die Brücke am Fluss“ und hätte beinahe das Glück des Lebens gefunden. Aber das gibt es nicht für diesen Mann. Der Mann hatte schon viele Namen. Er war der bleiche Reiter, der seinen Job machte „Für eine Handvoll Dollar“ er war der schmutzige Cop in San Francisco, den sie deshalb „Dirty Harry“ nannten. Irgendwann wurde er älter. Für die meisten starken Männer ist das ein Problem. Für Clint Eastwood war es ein Glück. Es ist ein seltener Glücksfall für das Kino, wie Clint Eastwood, als Regisseur und Schauspieler, seine Figuren in der Konsequenz einer fiktiven Biografie zu entwickeln scheint. Von Sergio Leones kaltem Revolvermann und Don Siegels schmutzigen Polizisten führte er seine fiktive Figur, den einsamen Wolf, in die Krise: „Erbarmungslos“ ist das Ende, trügerisch „Die zweite Chance“. Es gibt keinen anderen Filmkünstler, der sein eigenes Image, sein Altern so thematisiert, so zum beherrschenden Sujet macht, dass daraus ein Alterswerk entsteht. Clint Eastwood schreibt über die Jahre hinweg die Biografie einer imaginären Figur fort, die die Summe ist aus diesen Männern, die in der Einsamkeit leben und töten. Und je älter diese Figur wird, so problematischer wird sie sich selbst, so mehr mengt sich eine Sehnsucht in ihre Einsamkeit, eine Sehnsucht nach Sinn, nach Nähe und Menschen. Dieses reflexive Filmen begann mit dem Spätwestern „Erbarmungslos“, für den er den Regie-Oscar erhielt, für „Million Dollar Baby“ gab es vier Oscars. Der alte Boxtrainer Frankie tötete noch einmal auf Verlangen, aus Barmherzigkeit. Der alte Koreaveteran Walt mag überhaupt nicht mehr töten. „Gran Torino“ war nicht einmal für den Oscar nominiert und ist doch der wunderbare Film eines wunderbaren Schauspielers und Regisseurs. Walt half denen, die Hilfe benötigen, indem er sich selbst als Opfer darbrachte. Es war, als ziehe der 78-Jährige die Summe aller seiner Filme, als wolle er sagen, es müsse einmal Schluss sein mit der Gewalt. Natürlich ist das auch ein Spiel, natürlich schreibt Eastwood die moralische Biografie seiner Figuren auch fort mit Kalkül, natürlich ist das auch ein amerikanisches Ende mit Pathos. Aber es ist faszinierend wie dieser Künstler seine Figuren, den Schauspieler und den Regisseur mit minimalen Mitteln zu einer wunderbaren Trinität fügt. Ja, das ist ein Meister.
Autor: Henryk Goldberg
cartoon via toonpool
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